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Platte der Woche: This Immortal Coil – The Dark Age Of Love

Von    |   19. November 2009   |   1 Kommentar

Bonnie Prince Billy, Yann Tiersen, Matt Elliott und ein weiteres Dutzend Musiker haben sich zusammengetan, um Songs von Coil neu zu interpretieren. „The Dark Age Of Love“ funktioniert auch losgelöst von den Originalen.

This Immortal Coil

Die Karriere von Coil fand mit dem tragischen Tod des Gründungsmitglieds John Balance 2004 ein jähes Ende. Seither sind verschiedenste Tribute-Alben erschienen, die den britischen Industrial-Pionieren die letzte Ehre erwiesen haben. Stéphane Grégoire, der das Label ici d’ailleurs leitet (und im Bild das Dust-Lane-Shirt trägt), hat nach dem Ende von Coil beschlossen, der Band ein Denkmal der besonderen Art zu setzen. This Immortal Coil sollte ein Allstar-Cover-Projekt werden, das sich möglichst weit von den Originalen entfernt. Pate gestanden ist dabei This Mortal Coil, ein Kollektiv aus dem 4AD-Umfeld, das in den 80ern Pop-Klassiker in samtene Goth-Gewänder hüllte.

This Immortal Coil - The Dark Age Of LoveDie vier Jahre Arbeit, die Grégoire in This Immortal Coil investiert hat, haben sich ausbezahlt, denn „The Dark Age Of Love“ ist tatsächlich mehr als ein Tribute-Album geworden. Da nur die wenigsten der 18 beteiligten Musiker bereits mit Coil vertraut waren, bringt das Ensemble eine unvorbelastete Sichtweise auf deren Musik mit. Wie damals This Mortal Coil gelingt es auch This Immortal Coil den Originalen mit kammermusikalischen Interpretationen neues Leben einzuhauchen. Trotz der fragilen Instrumentierung bewahrt das Album die apokalyptische Stimmung von Coil. Auch wenn die freundlichen Herrschaften auf dem Pressebild nicht danach aussehen – „The Dark Age Of Love“ klingt schwarz wie die Nacht. This Immortal Coil muten an wie ein Kammerorchester, das die Kammer gegen eine Katakombe getauscht hat.

Überwältigend ist „The Dark Age Of Love“ vor allem dank Matt Elliott, der den roten Faden spinnt und bei vier Songs die Hauptrolle übernimmt. Elliott macht die industriellen Klangmalereien von Coil zu organischen Songs von gespenstischer Schönheit. Der britische Schwarzmaler verleibt sich die fremden Kompositionen ein, als wären sie Teil seiner eigenen Album-Trilogie „Drinking / Failing / Howling Songs“ (die ici d’ailleurs kürzlich als 7-LP- bzw. 4-CD-Set wiederveröffentlicht hat). „Love Secret Domain (LSD)“, das Herzstück des Albums vom gleichnamigen 91er-Coil-Album, taucht gleich zweimal auf: In der Mitte des Albums als verhallte Kosakenchor-Version und am Ende als erdige Swordfishtrombone-Ballade. Mit dem 10-Minuten-Epos „Red Queen“ und dem Endzeitflamenco „Teenage Lightning“ sorgt Elliott für zwei weitere Highlights.

Unterstützt wird Elliott vom Amélie-O.S.T.-Komponisten Yann Tiersen, der einen reduzierten, aber virtuosen Klangteppich legt. Ein positiver Nebeneffekt der Zusammenarbeit: Elliott wird demnächst auf Tiersens neuem Album „Dust Lane“ zu hören sein. Neben den beiden tonangebenden Ausnahmemusikern sorgt auf dem einstündigen Album auch Bonnie Prince Billie mit „Ostia“ endlich wieder mal für fünf Minuten Gänsehaut. Ein unglaubliches Stück, bei dem das belgische Quartett DAAU – wie auch bei drei weiteren Stücken – als Backing-Band fungiert, und mit Klarinette, Akkordeon und Cello einen elegischen Film-Noir erschafft. Die aufstrebende israelische Sängerin Yaël Naïm bringt in zwei Stücken leicht verruchte Pianobaratmosphäre ins Spiel, während Sylvain Chaveaus Stimme als einzige etwas abfällt.

Abgesehen vom kratzbürstigen „Blood From Air“ erinnert kaum etwas auf „The Dark Age Of Love“ an die metallische Industrial-Ästhetik von Coil. Gelungen ist das Tribute-Album trotzdem oder gerade deswegen. Das Schlusswort liefert Peter Christopherson, der 22 Jahre lang Teil von Coil war: „It is the first time somebody with musical sensibility and talent has put so much time and effort into covering Coil songs. It totally passes my „hairs on the back of your neck standing up“ test for the whole running time of the album.“

The Dark Age Of Love (feat. Yaël Naïm)
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2009/11/01-The-Dark-Age-Of-Love.mp3]

Ostia (feat. Bonnie Prince Billy)
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2009/11/03-Ostia-Bonnie-Prince-Billy-Daau-Christine-Ott.mp3]

Love Secret Domain (feat. Matt Elliott)
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2009/11/05-Love-Secret-Domain-Yann-Tiersen-Matt-Elliott.mp3]

Eine Reaktion

  1. #1 Datenverarbeiter

    02:58 Uhr, 3.1.2010, Link

    Coil ist die größte Band ever……………
    Die Amber Rain-Version von This Immortal Coil ist
    ganz, ganz groß; leider aber viel zu kurz. Mal sehen,
    vielleicht mach ich mal einen Remix davon…

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