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Dr. Pop, soll man Bandnamen im Plural oder im Singular behandeln?

Von    |   10. November 2009   |   1 Kommentar

78s-Leser Oepfel möchte wissen, ob es „Navel ist für den Basler Pop-Preis nominiert“ oder „Navel sind für den Basler Pop-Preis nominiert“ heisst.

Dr. Pop

Sollten Sie sich auch schon gefragt haben, ob es „Metallica rocken“ oder „Metallica rockt“ heisst, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Nicht nur im deutschen Sprachraum sind grammatikalische Unsicherheiten im Umgang mit Bandnamen weit verbreitet, auch die Italiener und die Spanier streiten sich um die richtige Anwendung von Plural oder Singular im Kontext von Bandnamen. Besonders umstritten ist die Frage im englischen Sprachraum. Während die Amerikaner „The Clash is a well-known band“ sagen, konjugieren die Briten im Plural: „The Clash are a well-known band“.

Begründet ist dieser Unterschied in den sogenannten Collective Nouns, denen der eine oder andere von Ihnen bereits im Englischunterricht begegnet sein dürfte. Dabei handelt es sich Nomen, die Kollektive – politische Institutionen, Sportclubs oder eben Bands – bezeichnen. Für die Briten macht es einen Unterschied, ob das Collective Noun die Gruppe als Einheit oder die einzelnen Individuen impliziert. Ist ersteres der Fall, verwenden sie den Singular (formal agreement), bei letzterem konjugieren sie im Plural (notional agreement). Der Refrain des Elvis Costello-Songs „Oliver’s Army“ veranschaulicht die Unterscheidung zwischen formal und notional agreement sehr schön: „Oliver’s Army is here to stay / Oliver’s Army are on their way.“

Wie folgende zwei Beispiele zeigen, scheint im Deutschen beim Umgang mit Bandnamen eine grammatikalische Regel zu existieren, die dem formal und notional agreement des British English gleicht:

Die NZZ schreibt über die Reunion von Led Zeppelin:
„Die Rocklegende lebt: Led Zeppelin ist 27 Jahre nach Auflösung der Band auf die Bühne zurückgekehrt. Das Konzert in der Londoner O2 Arena wurde am Montagabend zu einer gigantischen Fete zwischen Hype und Nostalgie.“

In der Zeit heisst es hingegen über das Comeback:
„Warum sind Led Zeppelin einmalig? Da ist ihr krachender Sound. Wer sich bei „Rock’n’roll“ zu nah an die Lautsprecher wagte, dem haben die Drums von John Bonham das Trommelfell weggeblasen.“

Während im ersten Artikel die Rocklegende als solches gemeint ist, impliziert der zweite Textausschnitt die einzelnen Bandmitglieder. Welcher von beiden Fällen zutrifft, ist für natürlich oftmals Ermessensfrage.

Das Grundproblem ist offensichtlich: Wie die Uno oder der FCZ ist auch eine Band eine Einheit, die sich aus mehreren Individuen zusammensetzt. Während wir jedoch bei Organisationen und Vereinen stets den bestimmten Artikel verwenden, und deshalb automatisch im Singular konjugieren, fällt bei (singularen) Bandnamen der Artikel weg, was uns das Konjugieren von Verben nach Namen wie Cream erschwert. Eindeutiger ist die Sache hingegen bei Bandnamen, die per se im Plural stehen. Von den Beatles sprechen wir wie auch die Briten und die Amerikaner immer im Plural.

Schaut man sich Wikipedia-Einträge zu deutschen Bandnamen genauer an, zeigt sich, dass die Konjugation des Verbs in der Satzstellung „XY ist/sind eine Rock-Band“ tatsächlich in erster Linie davon abhängt, ob der Bandname im Singular oder im Plural steht:

Silbermond ist eine deutsche Pop-Rock-Band aus Bautzen in Sachsen.
Kante ist eine Musikband aus Hamburg, die 1995 gegründet wurde.
Aber:
Die Ärzte sind eine deutschsprachige Punk-Rockband aus Berlin.
Die Goldenen Zitronen sind eine Punkband aus Hamburg.

Wiki-Einträge zu englischen Bandnamen bestätigen diesen Befund:

Kiss ist eine US-amerikanische Hard-Rock-Band, gegründet 1973 in New York.
The Velvet Underground (VU) war eine experimentelle Rockband […].

Aber:
The Strokes sind eine US-amerikanische Rockband aus New York.
Die Sex Pistols sind eine der bekanntesten englischen Punk-Bands.

Abschliessend lässt sich also folgende Faustregel festhalten:

Verben nach pluralen Bandnamen sind immer im Plural zu konjugieren.
Verben nach singularen Bandnamen sind grundsätzlich im Singular zu konjugieren, sofern man die Gruppe als Einheit und nicht die einzelnen Bandmitglieder impliziert.

Weil es sich beim englischen Wort Navel um ein Nomen im Singular handelt und die Band Navel als Einheit für den Basler Pop-Preis nominiert wurde, müsste es also richtigerweise heissen: „Navel ist für den Basler Pop-Preis nominiert“. Klingt aber auch irgendwie seltsam, nicht?

> Leserfragen an: Dr. Pop(ät)78s.ch

Eine Reaktion

  1. #1 Patrik

    12:56 Uhr, 11.11.2009, Link

    Korrektur: Silbermond ist eine deutsche Schlager-Band aus Bautzen in Sachsen.

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