Platte der Woche: The Boxer Rebellion – Union
Von David Bauer | 20. Oktober 2009 | 5 Kommentare
Sie erinnern an die frühen Radiohead und kommen besser spät als nie. The Boxer Rebellion lancieren ihre Karriere zum zweiten Mal.
Eigentlich sollte diese Band heute ganz woanders stehen. Als vor vier Jahren ihr eindrückliches Debütalbum erschien, rechneten viele Beobachter mit einem schnellen Aufstieg. Stattdessen geschah: nichts. Nichts gutes jedenfalls (Album ein Flop, Plattenfirma pleite, Sänger fast an Blinddarmriss gestorben). Ihren Zweitling nahmen The Boxer Rebellion ohne Label in Angriff. Dass „Union“ bei iTunes die Charts auch ohne grosse Unterstützung gestürmt hat, hat seine Logik. Das Album ist eine Wucht.
Es ist ein Album, das einem das Herz mit einem einzigen präzisen Schnitt öffnet, die Lungen mit Sauerstoff flutet und die Nervenbahnen überreizt, dass man ins Taumeln kommt. Es ist das Album, das einen sanft in der kalten Jahreshälfte willkommen heisst und sich einfach so an einen schmiegt, ohne dass man danach gefragt hätte.
Aber wie auch sollte man sich diesen Klängen entziehen können? „Union“ ist geprägt von einer eklektischen Vielseitigkeit der Stile und Stimmungen. Mal schwelgerisch melodiös, mal aufreibend dynamisch, dann wieder sanft melancholisch. Elegant, niemals bemüht, schlendern The Boxer Rebellion an Verwandten vorüber, allesamt Bands, die wissen, wie man grosse Melodien schreibt: U2, Editors, Stereophonics. Der Gesamtentwurf erinnert vielleicht am ehesten an Kashmir aus Dänemark, die einen ähnlich vielseitigen, melodiegetrieben Stil pflegen.
In ihren besten Momenten aber, da erinnern The Boxer Rebellion an die frühen Radiohead. Das liegt nicht zuletzt an Sänger Nathan Nicholson, der genauso vom Leben gequält zu klingen vermag wie Thom Yorke, nur etwas lieblicher. Dafür muss man The Boxer Rebellion lieben. Und darauf hoffen, dass ihre zweite Karriere lange genug dauern mag, dass sie sich auf dieser Basis weiterentwickeln können.
The Boxer Rebellion – Flashing Red Light Means Go
5 Reaktionen
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09:18 Uhr, 20.10.2009, Link
Ich möchte an der Stelle auf meine Platte der Woche aufmerksam machen: Das neue Album von Stiller Has „So verdorbe“. Habe gestern im Radio ein paar Songs gehört und bin begeistert! Das Album erscheint am Freitag …. gute Woche!
09:55 Uhr, 20.10.2009, Link
ich fand das album „exits“ auch der hammer, das konzert am imagine 08 in basel war auch unglaublich und nun das. freue mich sehr auf „union“ muss ich mir doch gleich mal holen gehen!
21:36 Uhr, 20.10.2009, Link
Ich kann Davids Meinung vollumfänglich unterschreiben: Das Album ist eine Wucht. Schade, dass es so lange gedauert hat, bis es auch hier erhältlich wurde. Die Band vertrieb die Platte schon seit dem Frühjahr auf Tour und übers Internet…
Im Vergleich zu Kashmir klingen TBR wesentlich roher und ungeschliffener. Und wesentlich gemächlicher was das Songwriting angeht. Irgendwie eben sehr britisch. Diesbezüglich und auch hinsichtlich der Melancholie erinnern mich TBR daher immer wieder etwas an I Am Kloot. Für mich klar eine der stärksten Platten im doch bisher sehr interessanten 2009…
22:09 Uhr, 20.10.2009, Link
Wow…danke fürs Aufmerksam machen. Da wär mir beinahe eine grossartige Platte entgangen…