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The Stone Roses: Nicht kleckern, klotzen!

Von    |   21. September 2009   |   0 Kommentare

Im Frühjahr 1989 veröffentlichen The Stone Roses ihr Debüt-Album und meisseln damit ihren Namen auf immer und ewig in die Gedenktafel der Musikgeschichte. Zwanzig Jahre später scheut Sony Music zur Feier des Jubiläums weder Kosten noch Mühen, putzt The Stone Roses mit Hochdruck noch einmal so richtig heraus und lässt deren gleichnamigen Erstling in neuer Pracht erblühen.

Stone Roses Collector EditionTatsächlich gibt sich Sony Music, wenn’s um die Neuauflage von „The Stone Roses“ geht, einem regelrechten Reissue-Rausch hin. Neben dem obligaten Re-Release des Albums auf CD und Vinyl wird mit einer „Special Edition“, einer „Legacy Edition“, einer 7″-Sammelbox und allem voran mit einer „Collector’s Edition“ aufgewartet. Letztere prall gefüllt mit drei CDs, drei LPs, einer DVD, einem 48 Seiten starken Buch, sechs – hört! hört! – Kunstdrucken und einem USB-Stick in Zitronenform, der das alles (und noch viel mehr) zusätzlich in digitalem Format enthält. Da lacht das Herz – wenn auch ein bisschen erzwungen. Darum die beste Nachricht zum Schluss: Alle Reissues basieren auf überarbeiteten Masterbändern und präsentieren sich ersten Ohrzeugen zufolge im Vergleich mit den Originalausgaben in einem überraschend facettenreichen Klanggewand.

 Stone Roses DebutDoch warum die ganze Aufregung? Was hat dieses Album, was andere nicht haben? Allein das Cover erzählt Bände. Die ausgelutschten Zitronenscheiben etwa galten während den 68er-Unruhen in Paris als Geheimrezept gegen Tränengas und kommen auf „The Stone Roses“ nicht nur im Artwork, sondern auch im Lied „Bye Bye Badman“ zum Einsatz. Andererseits lebt hier John Squire seine gestalterische Ader aus, huldigt kleckernd und dröppelnd seinem Vorbild Jackson Pollock, der auch im Liedgut der Stone Roses allgegenwärtig ist. So wird beispielsweise im Song „Going Down“ Pollocks berühmtestes Werk „Number 5, 1948“ besungen, das – dies nur nebenbei – zur selben Zeit rein zufällig beim Musikproduzenten David Geffen im Tresor rumsteht, der The Stone Roses 1991 bei Geffen Records unter Vertrag nehmen und das besagte Gemälde im Jahr 2006 zu einem Rekordpreis von 140 Millionen Dollar an einen anonymen Käufer weiterverschachern wird.

Doch The Stone Roses können nicht nur kleckern, sie können auch klotzen. Ihr Debüt ist ein musikalischer Leckerbissen. „I wanna be adored“ und „I am the resurrection“ geben den Ton an. Das ist kein Flehen um Anerkennung, das ist die musik-gewordene Attitude Browns, dessen raunender Sprechgesang kaum Zweifel offenlässt, wer hier gerade der heisseste Scheisser in Cool Britannia ist. Squires Gitarre spinnt derweil filigrane Schimmerfäden, zerfetzt diese noch in der Luft mit scharfen Klingen, während die Acid-Heads Mani und Reni den Songs mit Hilfe von Bass und Drums eine Madchestersche Tanzbarkeit aufdrücken. Das ist Musik so schön wie ein Blumenstrauss, dessen Blüten sich sanft dem Rhythmus hingeben, hin- und herwiegen in den Armen eines Liebhabers, der in heisser Vorfreude bestimmten Schrittes über unnachgiebigen Asphalt eilt.

The Stone Roses – I wanna be adored

[audio:http://coverlaydown.com/SMM/adored.mp3]

Nichts demonstriert die Attitude der Roses so gut wie das folgende Video, welches ihren ersten (!) Live-Auftritt im Fernsehen dokumentiert. Die Band spielt „Made of Stone“ an und wird kurz vor dem Höhepunkt durch einen Stromausfall abrupt ausgebremst. Brown, sichtlich unimpressed vom ganzen TV-Zirkus, tigert umher und vereitelt die verzweifelte Abmoderation mit deutlich hörbaren „Amateurs! Amateurs!“-Rufen.

[youtube zgGTQgvCPOU]

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