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Platte der Woche: Joe Henry – Blood From Stars

Von    |   1. September 2009   |   0 Kommentare

Joe Henry ist seit über zwanzig Jahren im Songwriter-Geschäft. Mit „Blood From Stars“ macht der Schwager von Madonna einmal mehr deutlich, dass er der einzige weisse Blueser ist, der Tom Waits das Wasser reichen kann.

Joe Henry - Blood From Stars

Die klimpernde „Prelude“ lässt es erahnen: Das Klavier spielt auf „Blood From Stars“ eine zentrale Rolle. Joe Henry mimt den Barpianisten, auf den zu schiessen verboten ist. In einem Saloon voller betrunkener Minenarbeiter singt er schwermütige Lieder für russige Ohren und kohlenrabenschwarze Lungen. Seine Songs sind so zappenduster wie das Bergwerk, in dem die Mineure schuften.

Joe Henry hat im Laufe seiner Karriere manches ausprobiert. Anfangs war seine Musik stark von Country beeinflusst, in den 90ern begann er mit Rock und Elektronik zu experimentieren. Seit Anfang des neuen Jahrtausends spielt er seine Alben mit Jazz-Musikern ein. In den letzten Jahren hat sich Henry mit Produktionen für Solomon Burke und Ani DiFranco zudem einen Ruf als Produzent erarbeitet. Auch bei den Aufnahmen seines elften Albums hat der 49-Jährige selbst hinter den Reglern gesessen.

Auf „Blood From Stars“  ist mit dem Gitarristen Marc Ribot erneut ein renommierter Gast aus dem Feld der improvisierten Musik vertreten. Acht weitere Jazz-versierte Musiker sorgen für den kunstvoll geflochtenen Klangteppich, über den sich Joe Henry bewegt. Für das Saxophon zeigt sich der 17-jährige Sohn des Songwriters verantwortlich. Die lyrischen Soli von Levon Henry beweisen zwar, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, doch das Instrument, das er sich ausgesucht hat, ist bekanntlich Geschmackssache. Beim Instrumentalstück „Over Her Shoulder“ wähnt man sich plötzlich in einem Soft-Porno. Das sexy Sax-Gedudel macht die Schwere, mit dem sich dieses Album gegen das erbarmungslose Schicksal stemmt, zunichte.

Neben dem Jazz ist es vor allem der Blues, der den Sound von „Blood From Stars“ prägt. Es ist ein klischeefreier, tragikomischer Blues, der von torkelndem Ragtime-Piano, Mardi-Gras-Bläsern, Marc Ribots raffiniertem Gitarrenspiel und nicht zuletzt vom Schauspielerischen Talent des Sängers lebt. Joe Henry schafft es, den Hörer für Momente glauben zu lassen, er sässe im Cotton Club oder in einem Vaudeville-Theater. Tom Waits hält die Messlatte und Joe Henry erreicht sie in seinen besten Songs spielend. „The Man I Keep Hid“, „Suit On A Frame“, „Bellwether“, „Death From The Storm“, „Light No Lamp“ – die Liste der Anspieltipps lässt sich fast beliebig verlängern.

„Blood From Stars“ gibt mit einer Spielzeit von fast einer Stunde viel Hörstoff her, nicht zuletzt weil die tiefgründigen Texte erst entschlüsselt werden wollen. Die Intimität von Joe Henrys Songs erinnert in den gitarrenlastigen Stücken immer wieder an Vic Chesnutt. Wie Chesnutt ist auch Henry ein begnadeter Geschichtenerzähler. „When the story gets better I’m gonna climb inside“, singt er in „Bellweater“. Die Geschichten von „Blood From Stars“ sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

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