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Kutti MC blinzelt optimistisch i d’Sunne

Von    |   28. August 2009   |   15 Kommentare

Drei Jahre sind seit dem pessimistischen „Dark Angel“ vergangen. Auf seinem neuen Album lässt Kutti MC die Sonne rein.

Kutti MC - SunneKutti MC zeigt sich auf seinem neuen Album zu allem entschlossen. „Ab hüt nimeni ds Blatt sälber id Hand“, singt Jürg Halter im Opener. Mit „Sunne“ ergreift der Berner die Flucht nach vorne. Auch wenn Kuttis neuer Optimismus immer wieder von abgründigen Gedanken getrübt wird – die Aufbruchsstimmung, die von seiner dritten Platte ausgeht, ist höchst ansteckend. „Es git kes zrügg.“

Schnell ist man gefangen im Kutti’schen Universum, denn es geht Schlag auf Schlag: Der Lovesong „Irgendwo“ besitzt unwiderstehlichen Pop-Appeal, nicht zuletzt wegen den Gastvocals von Sophie Hunger. Nach einer Future-Funk-Nummer, in der sich der Protagonist von „100’000 Ballön“ davontragen lässt, folgt die altbekannte Vorabsingle „Sunne“. Statt wie noch auf seinem Debüt auf alles zu schiessen, was sich bewegt, macht Kutti im Titelstück – wie in so manchem dieser 14 Songs – sich selbst und uns allen Mut.

Nachdem über die Poetry-Slam-Vergangenheit von Jürg Halter Gras gewachsen ist und sich die HipHop-Fraktion an seinen Skills sattgedisst hat, kann sich Kutti MC endlich als das profilieren, was er ist: Einer der besten Songwriter unseres Landes. Kaum einer textet so raffiniert wie er. Das One Shot Orchestra trägt massgeblich zur Sogwirkung von Kuttis Poesie bei. Pumpender Elektro, entspannter Folk-Rock, funkige Bässe, Twang-Gitarren, Balkan-Bläser – Kutti tanzt mit seiner Backing-Band auf allen Hochzeiten.

Mit „Du bisch nid allei“ folgt auf den positiven Auftakt ein erster melancholischer Dämpfer. Die Geschichte über einen lebensmüden Grossvater, der sich von lauwarmen Ragusa-Riegeln ernährt, ist zum Heulen schön. Der bitterböse „Wanna-Be-It-Boogie“, in dem sich Kutti über eine esoterische Zeitgenossin lustig macht, erinnert an Kuttis ersten Hit „Alternative Motherfucker“. Obwohl er seine Hasstirade mit Selbstironie bricht, wird man das Gefühl nicht los, dass Halter sich wiederholt. Auch der Abgesang auf das Digitalzeitalter „I & Mi Kompi“ wirkt etwas plump, doch die schizophrenen Reime von „Schuss“, in denen Kutti die Form einer abgefeuerten Kugel annimmt, sind schlichtweg genial. Auch wenn er sich auf seinem neuen Album ungewohnt versöhnlich gibt, trägt Kutti nach wie vor „di ganzi Wuet und Ohnmacht vor Wält“ in sich.

In „Julia und Lukas“, dem zweittraurigsten Song des Albums, greift Kutti MC Berner Liedgut auf, im „Zug Nach Paris“ zitiert er Taxi: „Es isch als gäbs mi nümme meh.“ Das Märchen „König Für Immer“, das den stillen Schlusspunkt setzt, unterstreicht es: Die Berner Songwriter-Tradition erfährt durch Jürg Halter eine Frischzellenkur. Kutti MC hat seine eigene Form von Mundartmusik geschaffen.

> „Sunne“ im 78s-Soundsystem anhören Nicht mehr verfügbar.

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15 Reaktionen

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  1. #1 Patrik

    11:03 Uhr, 28.8.2009, Link

    Kuttis Musik bereichert nun schon seit Stunden meinen Tag… und ich muss gleich nochmals hören. Riesen Scheibe!

  2. #2 stefan

    17:59 Uhr, 28.8.2009, Link

    ich bin mega kutti fan: er ist sympathisch, intelligent und lustig. jedes interview das man liest ein genuss. aber leider ist die musik im hintergrund für mich… einfach nur so chli hip hop.

  3. #3 David Bauer

    19:16 Uhr, 28.8.2009, Link

    Der Typ ist gut. Bloss rappen kann er nicht.

  4. #4 Yolanda

    00:26 Uhr, 29.8.2009, Link

    @ david: dieses argument läuft langsam ins Leere … kutti hat einfach einen eigenen stil: nenn es sprechgesang oder wie auch immer. ich persönlich höre musik einfach, mich interessiert es nicht, sie zu kategorisieren, kutti berührt einfach und dafür bin ihm dankbar. sunne ist grosses kino!

  5. #5 Phil

    12:03 Uhr, 30.8.2009, Link

    Ja, Sunne ist gross, was für ein Album!

    @David: „Der Typ ist gut. Bloss rappen kann er nicht.“ *gähn*, bisschen unqualifiziert als Aussage. Meinst Du nicht?

    Aber sehr schönes Review von Ralph Hofbauer, kann man so unterschreiben.

  6. #6 David Bauer

    13:45 Uhr, 30.8.2009, Link

    Für die qualifizierte Besprechung war Ralph besorgt, also habe ich mir ein Kurzurteil erlaubt. Was ich damit meine: Kutti muss ja gar nicht rappen können, bloss wird er fälschlicherweise immer wieder in diese Ecke geschoben. Und dort kommt er im Vergleich wirklich sehr flach raus. Kutti für sich betrachtet hat aber Klasse. Das meinte ich.

  7. #7 Andreas Oppliger

    20:57 Uhr, 31.8.2009, Link

    ich würde sogar so frech sein und kutti in die ecke stiller has schieben…

  8. #8 Jay

    12:27 Uhr, 1.9.2009, Link

    in welche ecke auch immer man kutti drängen will, dafür kann er nichts, er macht einfach das, was er für richtig hält und fühlt. sein neues album ist für mich schlichtweg das musikalisch/poetische highlight des jahres!

  9. #9 julian

    16:11 Uhr, 1.9.2009, Link

    schoener beitrag, text macht lust zum reinhoeren – leider spielt das soundsystem hier im sueden aufgrund langsamen connessione nicht so richtig…

    kutti kann nicht rappen…und kuno nicht singen? – vielleicht ;-)

  10. #10 Nina

    08:59 Uhr, 8.9.2009, Link

    das poetischste, berührendste, tiefste album seit langem.

  11. #11 michl

    21:00 Uhr, 22.9.2009, Link

    hey- irr ich mich oder ist kutti aus dem soundsystem verschwunden?

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