78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Musikdienst Spotify ist nun offiziell die Zukunft der Musikindustrie

Von    |   11. Juli 2009   |   38 Kommentare

Der Musikdienst Spotify hat an den TechCrunch Europe Awards abgeräumt. Zu Recht. Spotify ist die Zukunft der Musikindustrie.

Spotify-Gründer Daniel Ek & Martin Lorentzon

TechCrunch ist einer der grössten und wohl der einflussreichste Technologieblog der Welt. Wer von TechCrunch gute Kritiken erhält, ist mit seinem Startup auf dem richtigen Weg. Am Donnerstag hat TechCrunch erstmals Awards für die besten europäischen Startups im Internet/Technologie-Bereich vergeben. Und eine Firma aus Schweden hat dabei alle anderen in den Schatten gestellt.

Der Musikstreaming-Dienst Spotify, gewissermassen das iTunes im Netz, hat nicht nur in der Hauptkategorie „Europas Grand Prix“ gewonnen, sondern auch die Preise für „Best Web Application or Service“, „Best Startup Founders“ und „Best New Startup“ (Spotify ist erst seit Oktober 2008 online). Offenbar halten nicht nur wir ganz grosse Stücke auf Spotify.

Spotify ist die logische Weiterentwicklung von iTunes, genauso wie iTunes damals die logische Antwort auf Napster war. Wie ist das zu verstehen? Napster wurde gross, weil es eine einfache, benutzerfreundliche Möglichkeit darstellte, gratis an Musik zu kommen. iTunes wurde gross, weil es eine einfache, benutzerfreundliche Möglichkeit darstellte, mit gutem Gewissen an Musik zu kommen. Beide Dienste aber stehen für eine Zeitrechnung von vergleichsweise geringen Bandbreiten und der aus LP- und CD-Zeiten übernommenen Idee von Musik als Besitzgut. Man lud sich Musikdateien, entweder gratis oder kostenpflichtig, auf seinen Computer.

Spotify geht den Schritt in die Zukunft. Musik in Form von Bits und Bytes verfügt über keinen Wert, der einen Unterschied machen würde zwischen Besitz und Verfügbarkeit. Wenn ich die gewünschte Musik jederzeit hören kann, ist es mir egal, ob die Datei auf meinem Computer liegt oder auf irgendeinem Server in Übersee. Spotify stellt wiederum die einfache, benutzerfreundliche Möglichkeit dar, am Musik zu kommen. Die Benutzeroberfläche ist derjenigen von iTunes sehr ähnlich, der Konsument muss sich in seinem Musikkonsum überhaupt nicht umgewöhnen. Das ist möglich, weil es eben überhaupt keine Rolle spielt, wo die Dateien tatsächlich gespeichert sind.

Spotify bietet derzeit zwei verschiedene Abo-Modelle an: 1. Ein Monatsabo für 10 Euro, mit dem die gesamte Datenbank von Spotify (die sehr umfassend und sehr aktuell ist) uneingeschränkt genutzt werden kann. 2. Ein kostenloses Abo, mit dem Handycap, dass Werbung ertragen werden muss. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines 1-Tages-Passes, der für 24 Stunden unlimitierten, werbefreien Zugang ermöglicht. In der Schweiz und Deutschland ist der Dienst noch nicht verfügbar, weil die entsprechenden Lizenzverhandlungen noch nicht geführt sind (aus demselben Grund sind derzeit relativ wenige Schweizer und deutsche Künstler im Angebot vertreten).

Wenn Spotify seinen Weg so erfolgreich weitergeht wie bisher, dann wird Spotify der Dienst sein, mit dem wir in Zukunft Musik hören. Dazu braucht es Kooperationsbereitschaft seitens der Musikindustrie (die realisieren muss, dass sie ihre Musik nur dann noch verkaufen kann, wenn die Margen sinken, und dass die breite Verfügbarkeit ihrer Musik ein wertvolles Asset ist, auch wenn es sich nicht unmittelbar vergolden lässt). Zweitens müssen die Preise der Mobilfunkanbieter sinken. Musik wird heute grossenteils unterwegs konsumiert. Damit dies via Streaming möglich wird, müssen Angebote her, die dies erschwinglich machen. Die Bandbreiten sind bereits jetzt vorhanden.

> Website von Spotify
> Blog von Spotify (gerade heute wurden 65’763 neue Songs hinzugefügt)
> TechCrunch Europas: Winners and Finalists
> Spotify launches CD-quality streaming (Techcrunch, 22.6.09)

> Am Krankenbett der Musikindustrie (Serie von 78s)

38 Reaktionen

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  1. #1 Ruben

    15:51 Uhr, 11.7.2009, Link

    Leider sind sowohl die Freeversion als auch die Premiumversion in Deutschland nicht erhältlich. Leider.

  2. #2 CerpinTaxt

    12:09 Uhr, 13.7.2009, Link

    vielleicht ist das die zukunft der musikindustrie. aber ist es auch die zukunft der musik? „Spotify geht den Schritt in die Zukunft. Musik in Form von Bits und Bytes verfügt über keinen Wert, der einen Unterschied machen würde zwischen Besitz und Verfügbarkeit.“ wie lange wird es denn wohl noch dauern, bis musik gar keinen „wert“ mehr hat? unabhängig von form und verfügbarkeit? haben spotify darauf auch eine antwort? auf die frage, welche konsequenzen solche entwicklungen auf die musik selber haben? ich denke nicht, da es ein geschäftsmodell ist – und man hier „wert“ als ökonomischen begriff benutzt. ich glaube daher nicht, dass ich das gut finden muss.

  3. #3 David Bauer

    12:29 Uhr, 13.7.2009, Link

    Moment. Ich schreibe und meine nicht, dass Musik in Form von Bits und Bytes keinen Wert hat. Es macht bloss keinen Unterschied mehr, ob ich die Musik besitze oder ob ich bloss jederzeit Zugriff darauf habe. Mit einer Entwertung der Musik, ob im künstlerischen oder ökonomischen Sinn, hat dies nicht direkt zu tun.

    Ich glaube viel eher, dass Spotify und ähnliche Dienste den Wert von Musik stärken können. Denn weil das Medium der Musik, Bits and Bytes, vollkommen wertlos geworden ist (im Gegensatz zu Vinyl und CD), gehen heute viele Leute bereits den Weg, dafür gar nichts mehr zu bezahlen, indem sie es kostenlos runterladen. Das ist falsch, denn der Inhalt verfügt weiterhin über einen Wert, für den bezahlt werden soll.

    Und genau zu dieser Idee liefert Spotify das Geschäftsmodell: Für den Besitz des Mediums wird nicht mehr bezahlt, nur noch für die Inhalte.

  4. #4 Dominique Marcel Iten

    15:00 Uhr, 13.7.2009, Link

    Vielleicht bin ich darin noch altmodisch. Aber für mich persönlich macht es noch einen Unterschied, ob die Musik auf meinem Rechner ist oder nicht.
    All meine Platten, welche ich in meine ITunes Bibliothek geladen und sorgsam sortiert habe. Diese Bibliothek hüte ich wie meinen Augapfel (neben meiner Sammlung in den vollen CD Regalen).
    Irgendwas würde sich falsch anfühlen, wenn ich die Musik, welche ich gerne habe, nur noch „imaginär“ besitze.
    Ich finde es grossartig, was Spotify da macht und glaube auch daran, dass dieses Modell eine Zukunft hat. Ich selber tue mich schwer mit der Vorstellung, für Musik zu bezahlen, welche ich in „physischer“ Form (wie auch immer das Sein mag, und ja, auch MP3 ist heutzutage eine physische Form) nicht besitze.

  5. #5 Ruben

    15:14 Uhr, 13.7.2009, Link

    Aber der Unterschied ist, das ich für 10 EUR im Monat auf (fast) unendlich viel (im Idealfall) Musik Zugriff habe. Und für 10 EUR bekomme ich physisch gerade mal eine Platte (besser eine Halbe!). Das ist einfach ein anderes Verständnis.

  6. #6 CerpinTaxt

    15:23 Uhr, 13.7.2009, Link

    @David
    das habe ich schon richtig verstanden. aber ich empfinde es als unterschied, ob man ein abo für jede beliebige musik kauft oder die entsprechende musik selber. musik machen ist ein prozess. deshalb gibt es alben. musik hören ist auch ein prozess, deshalb hört man alben. und ja, auch musik kaufen ist ein prozess. weil der kaufentscheid von der musik direkt abhängt. früher: soll ich die platte kaufen, nur weil mir 3 songs gefallen? nein! heute: ich kaufe die drei songs bei itunes. morgen: ich muss mir darüber keine gedanken mehr machen. deshalb meine ich: musik verliert seinen direkten ökonomischen wert für den hörer. und meine frage dazu ist, was das für konsequenzen für den wert der musik selber haben kann.

  7. #7 David Bauer

    15:44 Uhr, 13.7.2009, Link

    @Dominique
    Meine Wahl ist diese: Spotify für die tägliche Versorgung. Was mir wirklich gefällt und am Herzen liegt, stelle ich mir ins Regal. Ich sortiere gerade mein CD-Regal nach genau diesem Kriterium aus. Nur um die Musik hören zu können, brauche ich die meisten Platten nicht mehr. Also bleibt nur noch drin, was für mich einen speziellen Wert hat. Das hat dann auch viel damit zu tun: http://www.78s.ch/tag/coverart

    @CerpinTaxt
    Das sind interessante Überlegungen. Aus Sicht des Musikers gesprochen, lautet die Frage ja: Will ich, dass die Leute entweder mein ganzes Album kaufen oder es gar nicht hören? Wenn die Linie so eng gezogen wird, bleibt auch der Hörerkreis in den meisten Fällen sehr klein. Das ist das Denken der Musikindustrie der 90er Jahre. Heute funktioniert das nicht mehr, weshalb ich glaube, dass Spotify für die Zukunft steht. Den Wert der Musik, wie oben dargelegt, wird es nicht schmälern, sondern stärken.

  8. #8 David Bauer

    15:45 Uhr, 13.7.2009, Link

    Eigentlich ist Spotify ja das Mobility für Musik.

  9. #9 Moritz Zimmer

    19:05 Uhr, 13.7.2009, Link

    Gut, jetzt geb’ ich auch noch meinen Senf dazu ;)

    Ich glaube, es war den Musik-Hörern und -Produzenten schon immer ziemlich egal über welche Kanäle Musik verbreitet wird. (Man erinnere sich nur an den sang- und klanglosen Übergang von der LP zu CD; Auch damals waren die Stimmen nicht gerade rar, die behaupteten, das würde den Untergang der Musik einläuten.) Und wenn man hier über das materielle oder nicht-materielle Medium als “Qualitätssiegel” sinniert, dann halte ich diese Diskussion für fehlgeleitet: Ich halte Musik für die demokratische Kunstform schlechthin und sämtliche Diskurse, die um Materie kreisen laufen darauf hinaus, dass es um Besitz, also um Macht geht. Was nicht sonderlich demokratisch ist.

    Schlussendlich lebt Musik davon, dass sie in meinen (und jedem Kopf) als Ohrwurm weitergesungen wird. So gesehen geb ich David völlig recht: Den Musikern und Hörern kann es vollkommen egal sein, welchem Träger sich das Medium Musik sich bedient.

    David: Auf diesem Strang ist es eben schon bemerkenswert, dass das “Besitz-Modell” von iTunes sich wacker gegen alle “Miet-Modelle” behauptete. Vielleicht ist eben dort doch weniger die kulturpolitische Achse relevant, as ganz einfach der Umstand, dass Musik viel von Erinnerungen lebt und man gerne sicher gehen möchte, dass man auch noch Jahrzehnte später den gleichen Erinnerungen nachsinnen kann.

    Skeptisch bin ich gegenüber Spotify aus einem ganz anderen Grund:

    David’s These geht davon aus, dass das Vertriebsmodell der Erfolg von iTunes ausmacht. Ich stimme überein, dass ein Faktor ist, ich bezweifle jedoch, dass es der entscheidende war und ist. (Vielleicht erinnert ihr Euch, dass iPod und iTunes schon erfolgreich waren, bevor es den iTunes Music Store gab.) Was das Ökosystem iTunes/iPod/iPhone so erfolgreich macht, ist das die nahtlose Integration von Hardware und Software. Ein iPod erlaubt es mir meine ganze Musik-Sammlung mit ein paar wenigen Klicks überall mitnehmen zu können. Das wäre zwar (unter der Bedingung, dass die mobilen Funknetze kurz- bis mittelfristig entscheidend an Qualität gewinnen) auch bei Spotify gegeben, aber es fehlt dann eben doch an der Integration mit einer Hardware, die noch einfacher zu bedienen sein muss, als die Software auf dem Rechner; iTunes wie es auf meinen Rechner werkelt ist fantastisch, aber ich möchte sowas nicht in meiner Hosentasche haben.

    So gesehen: Die Idee von Spotify ist bestechend, aber falls wir in nützlicher Frist so weit sind, dass wir von jeder Ecke aus und in jeder Pose Musik auf unsere tragbaren Geräte streamen können, dann dürfte Apple längst mit einem eigenen Service am Start sein – und bereist weit mehr Geräte im Umlauf haben, die auf den unbeschwerten, mobilen Musikgenuss ausgerichtet sind.

  10. #10 Moritz Zimmer

    19:09 Uhr, 13.7.2009, Link

    (Also dieser Timer zum korrigieren, der ist hart. ;)

  11. #11 CerpinTaxt

    19:39 Uhr, 13.7.2009, Link

    @moritz zimmer
    seit wann zum geier ist macht und besitz etwas undemokratisches? musik ist als kunstform nur dann demokratisch, wenn es um verkäufe geht.

  12. #12 David Bauer

    19:43 Uhr, 13.7.2009, Link

    Guter Punkt mit der nahtlosen Integration von Hardware und Software. Allerdings möchte ich darauf verweisen, dass Spotify-Applikationen für iPhone und Android bereits in der Pipeline sind (Wired meint, diese Apple sollte diese Applikationen fürchten: http://www.wired.com/epicenter/2009/05/spotifys-android-app-should-frighten-apple). Sie sorgen dafür, dass Spotify auch mobil so einfach nutzen ist wie etwa das bisherige Apple-Ökosystem und alle bestehenden Mp3-Player.

    Dass Apple ohnehin mit einem eigenen Dienst rechtzeitig zur Stelle sein und allen anderen das Wasser abgraben wird, wäre ich mir nicht so sicher. Apple hat im Moment keinen Grund, Streaming zu pushen. Sie machen gutes Geld damit, dass die Leute eben Musik in Form von Bits and Bytes besitzen wollen. Wer ein lukratives Geschäftsmodell hat, tut sich in der Regel nicht leicht damit, eines zu entwickeln, das das alte obsolet macht.

    Am ehesten überzeugt mich die Argumentation, dass der Besitz von Musik garantiert, dass diese auch über längere Zeit verfügbar sein wird. Obschon ich es als unwahrscheinlich erachte, dass der Streaming-Zugang zu Musik plötzlich unterbrochen wird. Damit wäre niemandem gedient.

  13. #13 Moritz Zimmer

    20:01 Uhr, 13.7.2009, Link

    @CerpinTaxt Touché

  14. #14 Moritz Zimmer

    00:08 Uhr, 14.7.2009, Link

    @CerpinTaxt

    Tatsächlich hast Du eine Schwäche meiner diesbezüglichen Argumentationskette aufgedeckt; Das war alles sehr unscharf. (Obwohl ich dann im Gegenzug nicht ganz verstehe, was Du meinst mit den „demokratischen Verkäufen“.) Ich werd‘ also nochmals einen Anlauf nehmen:

    Ich denke, dass man historisch das Argmentationsmuster, dass eine neue Medienform sozusagen zur Verrohung einer Kunst- oder Kommunikationsform führe, relativ oft findet und es meist eher dazu diente, bestehende Strukturen aufrechtzuerhalten, denn einer echten Sorge um die Qualität. Nicht selten ermöglichten die neuen Formen einer breiteren (oder anderen) Gesellschaftsgruppe den Zugriff auf die im „alten“ Medium gebundene Information und der damit verbundenen Macht. Und in diesem Sinne führten neue Medien wohl nicht selten zu einer „Demokratisierung“. Aber das führt nun doch etwas weit weg vom eigentlichen Thema.

    Rein kulturell betrachtet fällt die Gegenfrage recht simpel aus:

    Glaubst Du denn tatsächlich, das heute weniger gute Alben raus kommen als noch vor… hm… eigentlich ist das Album schon ziemlich lange tot… gut, sagen wir: Glaubst Du tatsächlich dass vor 20 Jahren mehr gute Alben erschienen sind als heute?

    Ich bin selbst ein passionierter Alben-Hörer und ich kann einen solchen Trend beim besten Willen nicht ausmachen, ganz im Gegenteil: Da es mehr „Formen“ gibt, gibt es für die Künstler mehr Ausdrucksmöglichkeiten, was wohl unter dem Strich eher zu einem Gewinn, denn zu einem Verlust führt. Und genau so seh ich das heute: Es gibt vielleicht mehr One-Hit-Wonders, aber deshalb doch nicht weniger gute Alben. (Zudem: Nicht mal so selten ermöglicht der eine Hit einem Künstler gar die Produktion mehrerer formidablen Albums.)

    Ich glaub eh, dass man in Europa zu sehr auf dieser „E- vs. U-Kultur“ Schiene rumreitet. (Und ehrlich gesagt halte ich diesen Diskurs für die Fortführung einer Exkulsions-/Inklusions-Mechanik eher zweifelhafter Berechtigung.) Das die Leute zu Mozarts Zeiten in die Oper gingen um ehrfurchtsvoll einer ganzen Oper zuzuhören, ist doch verklärte Eliten-Romantik; Auch Opern enthalten „Heuler“, die die ganze Masse und das ganze Spektrum der Zuhörerschaft mitzureissen vermögen. Genau so sehe ich es heute mit den Alben: Während ich vielleicht ein Album wegen seiner Gesamtkomposition so schätze, mag ein andere halt nur die ein/zwei Heuler darauf. Ich masse mir deswegen nicht an, zu behaupten, ich hätten den Künstler besser verstanden oder gar die Kunst an sich. Mitsingen können wir nämlich trotzdem beide – und sogar zusammen.

  15. #15 Moritz Zimmer

    00:58 Uhr, 14.7.2009, Link

    @David

    Okay, ich hab mir die Demo angeschaut und auch mir ist nicht entgangen: Da wird ja gar nicht gestreamt, da wird erst mal gesynct. Soweit ich das beurteilen kann besteht der einzige Unterschied zu iTunes/iPod darin, dass die Synchronisation über den Äther anstatt über ein Kabel läuft. Jetzt mal ehrlich: Ich kann schon heute auf einem iPhone im Music Store einen Titel suchen und den in meinen iPod laden. (Und pardon, aufgrund dieser Demo kann ich beim besten Willen keine Überlegenheit in der UX gegenüber iTunes/iPod auf dem iPhone OS feststellen.) Es dünkt mich nichts als logisch, dass Apple dahingehend ziemlich schnell seine Muskeln spielen lassen würde, würde das zu einer Bedrohung ihrer Märkte führen. (Die Technik ist ja schon da; Inklusive einem Hi-Fi-tauglichen Dock-Connector und einer WiFi-Station mit Mini-Jack.)

    Apple zeichnete sich schon immer dadurch aus, dass sie unter UX die Verschränkung der 3 Bereiche Business/Marketing, Design und Technik verstanden haben und im Business-Bereich sich durch ein fein kalkuliertes Timing auszeichneten; Nicht selten um etwas als „Innovation“ zu verkaufen, was nun so neu auch nicht war (bspw. den iPod). Das die Rechnung aufging war schlussendlich _nur_ dem Timing zu verdanken; Ein Markt muss für eine Technik auch reif sein – und ich glaube kaum, dass die Leute (und die Techniken) reif sind, ihre ganze Plattensammlung auf dem Handy zu speichern und zu verwalten. Aber lassen wir den Blick in die Glaskugel mal ruhen. ;)

    Was mich eher interessieren würde: Ich glaube einer der gröberen Leistungen von Apple war’s, die Musikindustrie für ihr Vorhaben zu gewinnen (und den entsprechenden lokalen Gesetzgebungen Rechnung zu tragen?). Auch dort war das Timning wohl entscheidend: Die Labels fürchteten ohne DRM Einbussen – also gab’s erst mal ein DRM. Als die Zeit reif war… Wie sieht’s denn damit bei Spotify aus? Geniessen die denn bereits das Wohlwollen der Labels?

    Und dann gibt’s noch ein anderen Einwand auf den mich gerade mein Wohnungspartner aufmerksam macht; UX ist einem hohen Masse von (gelernten) Benutzungs-Codes abhängig, die User meist nur dann aufzugeben bereit sind, wenn sie durch einen überproportional höheren Nutzen wett gemacht werden. Und genau diese Gewohnheiten in der Benutzung, gepaart mit einem eher dürftigen Mehrwert, dürften Spotify das Leben zusätzlich schwer machen.

  16. #16 CerpinTaxt

    08:15 Uhr, 14.7.2009, Link

    @moritz
    das mit dem „das album ist tod“ war jetzt aber ironisch gemeint, oder? sorry, ich muss nachfragen. wurde irgendwie nicht ganz klar.
    „Obwohl ich dann im Gegenzug nicht ganz verstehe, was Du meinst mit den “demokratischen Verkäufen“. die hitparade z.b. ist ein demokratisches system. die mehrheit bestimmt, wer zuoberst steht. das muss dann auch nicht der beste sein. deshalb geht es hierbei um verkäufe. und damit natürlich um macht.

    wenn du meine kommentare nochmals gut durchliest, dann wirst du vielleicht sehen, um was es mir eigentlich ging. ich sagte, das kaufen von musik sei für mich (und vielleicht nur für mich) bisher ein prozess gewesen (kaufentscheid, bewertung vor dem kauf etc.). der fällt hier weg. ich frage mich, was das für einen einfluss auf das verständnis gegenüber musik haben könnte – und damit auf die musik selber. das hat so mal noch gar nix mit form, materie oder chemie zu tun. sondern mit kaufwirtschaftspsychologie (ok, das letzte habe ich jetzt einfach mal so erfunden).

  17. #17 David Bauer

    09:52 Uhr, 14.7.2009, Link

    @moritz
    Ich muss das mal gliedern, sonst verliere ich den Überblick

    1. Inwiefern wird da nur gesyncht und nicht gestreamt und was bedeutet das für die Nutzungsweise von Spotify? Ist mir zu technisch.

    2. Ich argumentiere nicht, dass die UX von Spotify derjenigen von iTunes überlegen ist, sondern gleichwertig. Das reicht vollkommen.

    3. Spotify zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es die gelernten Benutzungs-Codes von iTunes aufgreift und nicht verändert. Der Umstieg ist dadurch sehr einfach und den von dir angesprochenen „überproportional höheren Nutzen“ sehe ich auf jeden Fall, da ich jederzeit auf „alle“ Musik Zugriff habe und nicht nur auf die, die ich zum Zeitpunkt t besitze.

    4. Spotify kämpft wie alle Musikdienste mit der Musikindustrie um Lizenzen. Derzeit aber ziemlich erfolgreich.

    @cerpin taxt
    Mit dem Albumkauf als Prozess und damit einer sehr bewussten Entscheidung hast du natürlich vollkommen recht. Das fällt ja, wie weiter oben beschrieben, auch nicht weg (wenn mir ein Album besonders gefällt, kaufe ich es nach wie vor, aber physisch, nicht als Bits and Bytes). Trotzdem ist diese Form in gewisser Weise nicht mehr zeitgemäss. Für den Musiker hat es den Vorteil, dass die Einstiegshürden, sich überhaupt mal mit seiner Musik auseinander zu setzen, gefallen sind. Für den Musiker als Künstler freilich bedeutet es ein Umdenken, da sein Werk nicht mehr zwingend als ganzes konsumiert wird. Diese Entwicklung hat allerdings wenig mit Spotify zu tun, die hat schon viel früher eingesetzt.

  18. #18 Moritz Zimmer

    17:45 Uhr, 14.7.2009, Link

    @david

    1. Syncing vs. Streaming ist zwar eine rein technische Betrachtung, ich halte sie in Bezug auf die UX von Musik-HW für eine sehr entscheidende: Da man davon ausgehen kann, dass für die meisten Benutzer Musikgenuss ein Flow-Erlebnis ist, ist jeder Unterbruch, auch nur für Millisekunden, ein No-Go. Man erinnere sich nur der Diskussion um die paar Millisekunden Stille _zwischen_ zwei Tracks bei den ersten iPods.

    2. Ich kann die UX von Spotify leider nicht beurteilen, weil ich es nicht benutzen kann. Ich bezweifle soweit nur, ob Spotify da so schnell eine ziemlich lange Entwicklungsgeschichte aufholen kann. Aber eben, ich kann dazu soweit nicht mehr beitragen. Soweit ich das anhand der Demo des mobilen Clients beurteilen kann, scheint mir dieser nicht im geringsten an die UX eines iPod Touch oder eines iPhones heranzureichen.

    3. Das mag für iTunes zutreffen, aber eben: Wie Du im Artikel anmerkst, halte auch ich die Bedeutung von iTunes für den Erfolg des gesamten Ökosystems unterm Strich für eher unbedeutend. (Ausser eben als gigantischer stationärer Cache für ein mobiles Gerät.) Da Musik heutzutage vorwiegend unterwegs gehört wird, liegen die Faktoren zum Erfolg eines Musikdienstes meines Erachtens in dem Zusammenspiel von stationärer und mobiler UX, wobei die mobile UX zu einem guten Teil auch von der HW abhängt.

    4. Sehr schön.

    @cerptintaxt

    Gut, dann hab ich wohl erst jetzt verstanden, auf was Du hinaus willst. Ich bin der Meinung, dass einer derart psychologistische Sicht bei Musik wenig ergiebig ist und zwar aus den einfachen Grund, dass es sich bei Musik hauptsächlich wohl eher um ein soziales, den um ein individuelles Phänomen handelt. Das entscheidende Moment bei einer Hitparade ist doch, dass die Leute _zusammen die gleiche_ Musik hören wollen – oder gar zusammen mitsingen wollen. Und weniger, ob nun eine Platte viel verkauft wurde oder nicht – die Verkaufszahlen (David: Müsste man nicht sogar sagen „Sendezahlen“?) dienen meines Erachtens hier also eher dem Erkennbarmachen „sozialer Anerkennung“.

    @cerptintaxt & david

    So gesehen zweifle ich etwas am Begriff des „Albumkaufs als (psychologischen) Prozess“. Es gibt mittlerweile psychologisch genug Hinweise, die der These eines „bewussten Kaufentscheid“ schon bei relativ rationalen Bewertungsprozessen (zum Beispiel bei der Bewertung von ökonomischen Risiken und Chancen aka Homo Oeconomicus) ein eher schlechtes Zeugnis ausstellen. Bei so hoch emotional geleiteten „Produkten“ wie Musikträgern scheint mir eine solche Betrachtung dann doch etwas weit her geholt:

    Wenn ich mich schon nur in meinem Bekanntenkreis etwas genauer umschaue, dann ist doch eines augenfällig; Der Kreis der Hörer, die in Plattenläden pilgern (oder stundenlang im Netz recherchieren) und ihre Kaufentscheidung aufgrund einer „musikalischen Analyse“ fällen, ist verschwindend klein. Genau so wie man an den meisten Konzerten beobachten kann, dass Musik hauptsächlich dem Erleben von Gemeinschaft dient, denn dem individuellen Erleben. Die meiste Musik wird also nicht aufgrund eines individuellen, sondern sozialer Prozesse gehört und gekauft; Oder, um es in der E/U/F Sprache auszudrücken, aufgrund ihres Unterhaltungswerts und ihrer sozialen Funktionen – und nicht aufgrund ihres „Ernstes“. Und das ist beim besten Willen kein neues Phänomen – ganz im Gegenteil; Ich vage sogar zu behaupten das genau in diesem Wert und dieser Funktion der Ursprung und das Ziel von Musik liegt. (Und vielleicht sogar von Kunst schlechthin?)

    So gesehen stellt sich mir ganz grundsätzlich die Frage, ob der Umstand, ob wir nun einzelne Alben kaufen oder den Zugriff auf eine ganz Bibliothek von Musik nehmen, überhaupt einen Einfluss auf das „Verständnis gegenüber Musik“ nimmt? Sind denn die Referenzen zu einer ganzen Bibliothek von Musik(-geschichte), die ihr erst Bedeutung verleihen und also „Verständnis“ ermöglichen, nicht gänzlich unabhängig von deren Materie und dem Umstand wie und ob überhaupt wir sie als Produkt erwerben? Kaufen wir Alben nicht, weil sie in einem ganzen Netz von Semantiken für Dich (und andere) Sinn stiften? Wieviel „Verständnis“ mag den ein einzelnes Album für sich überhaupt ermöglichen?

    Kurz gesagt: Musik hat unbestritten einen enormen Einfluss auf unsere Psyche – aber in meinen Augen mehrheitlich in seiner Funktion als Sprache und soziales Moment. Und genau deshalb wird sie auch gekauft.

  19. #19 Dominique Marcel Iten

    19:21 Uhr, 14.7.2009, Link

    Meine Herren: Setzt euch mit mir an einen Tisch, lasst uns ein paar Stunden diskutieren und ich schreibe ein Buch darüber =) Das wird zwar nicht viel bewegen aber es wäre endlich eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem Thema, auf welches eine breite Öffentlichkeit zugreifen kann.

  20. #20 Moritz Zimmer

    23:18 Uhr, 14.7.2009, Link

    Oh!oh! „10 Weird Ways to Distribute Music“ http://bit.ly/q0vRQ ;)

  21. #21 David Bauer

    15:09 Uhr, 21.7.2009, Link

    2 Millionen zusätzliche Songs auf Spotify: http://uk.techcrunch.com/2009/07/21/spotify-strikes-deal-with-ioda-adds-2-million-more-tracks/.

    Boum!, wie Steve Jobs sagen würde.

  22. #22 David Bauer

    15:39 Uhr, 27.7.2009, Link

    Spotify hat heute ein grosses Ausrufezeichen gesetzt. Der Dienst erscheint als Applikation für das iPhone (Apples Autorisierung vorbehalten) – und zwar mit Cache-Funktion. Das heisst: Zu hause können Playlists gespeichert werden, so dass sie unterwegs auch ohne Netzzugang gehört werden können.

    iPod-Killer anyone?

  23. #23 Ruben

    17:02 Uhr, 27.7.2009, Link

    Ist echt der Hammer. Aber immer noch kein Premium-Account für Deutschland. Leider. Somit recht nutzlos.

  24. #24 Moritz Zimmer

    01:35 Uhr, 28.7.2009, Link

    Grundsätzlich ist das ja sehr erfreulich, nur: Soviel ich weiß verstösst eine solche App ganz klar gegen die ausgedeutschten Spielregeln. Ein rein strategischer Wurf?

  25. #25 Moritz Zimmer

    01:45 Uhr, 28.7.2009, Link

    P.S. Apropos ausdeutschen: Sie verstiesse glaub dann gegen die Spielregeln, wenn sie erlaubte, Musik im Hintergrund zu spielen. Tut sie das nicht, kann sie keine gute UX haben, denn wer möchte schon bei jedem Anruf oder bei jeder SMS aus dem Flow gerissen werden. 

  26. #26 David Bauer

    07:26 Uhr, 28.7.2009, Link

    Hier ein Update zum Thema: http://www.78s.ch/2009/07/27/apple-in-der-zwickmuhle-spotify-will-aufs-iphone/

  27. #27 fan von schweden

    01:52 Uhr, 7.4.2010, Link

    halli hallo
    ich wohne seit 9 monaten in schweden und geniesse spotify in vollen zügen!!!!
    ich sage euch es ist das BESTE programm der welt. ich bin süchtig….

    bald werde ich zurückreisen und leider auf mein lieblingsprogramm verzichten müssen :-(

  28. #28 Ronny Leuteritz

    21:14 Uhr, 6.8.2010, Link

    Niemals kann die Musikindustrie bzw. ein Label davon Leben.
    Die Erlöse für das Label und dann für den Künstler liegen im Cent Bereich!!!

    Wer macht den das mit? Die Provider verdienen sich Dumm und die Künstler haben nix davon und sollen für noch mehr gute Musik sorgen?

    Ha Ha Ha

    Das ist nur ne Frage Zeit. Dann sind die auch Geschichte.

    LG
    Ronny

  29. #29 Ruben

    21:18 Uhr, 6.8.2010, Link

    @Ronny

    Könntest du deine Behauptungen bitte mit Quellen unterlegen? Ich würde das alles ein wenig differenzieren…

  30. #30 Ronny Leuteritz

    21:22 Uhr, 6.8.2010, Link

    Meine Quelle ist unsere Label Abrechnung.
    Mit Sportify bekommt man im Durchschnitt, bei 500 Abrufen auf einen Euro.(Gewinn)

    Das Verdient man in Deutschland mit 2 Titel´n die Verkauft wurden.

    Fazit: Von uns gibt es für die keinen Nachschub.

    Wir haben ca. 10 neue Alben in Vorbereitung.
    Diese werden aber hier ganz bestimmt nicht laufen!

    lg
    Ronny

  31. #31 Moritz

    22:31 Uhr, 6.8.2010, Link

    Voilà, mes chers. Hier die nackten Zahlen als hübsche Grafik:

    http://www.informationisbeautiful.net/2010/how-much-do-music-artists-earn-online/

  32. #32 Ronny Leuteritz

    22:35 Uhr, 6.8.2010, Link

    Genau so ist es auch :-)
    Da weis man wo das gleichgewicht ist!

  33. #33 Moritz

    22:47 Uhr, 6.8.2010, Link

    Nun gut, auf der anderen Seite wäre dann da noch die, alles andere als unfundierte, Argumentation von TechDirt: „Why It Makes Sense For Record Labels To Offer All Music Freely As MP3s“ http://techdirt.com/articles/20100721/01245310303.shtml (Vor allem der Plenty-Link lohnt sich.)

  34. #34 Ruben

    22:51 Uhr, 6.8.2010, Link

    Wie gesagt. An den Zahlen kann man nicht viel drehen. Aber die Welt dreht sich weiter. Und man muss halt auch unterscheiden zwischen gekauften Tracks (unendlich oft anhören) und gestreamten Inhalten (Spotify). Und 12500 verkaufte Einzeltracks ist genauso unrealistisch wie 4500000 gestreamte Tracks in Spotify. Und dafür sind die Einnahmen mit Merge und Livegigs gestiegen. Also ein bissl differenzieren…

  35. #35 Ronny Leuteritz

    22:53 Uhr, 6.8.2010, Link

    Stimmt es dreht sich Weiter.

    Wir bieten dort denoch nix mehr an.

    Und ich glaube wir sind da nicht die einzigsten!

    LG
    Ronny

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