La Carta De Barcelona N°8: So war Sónar
Von Xaver Zimmermann | 23. Juni 2009 | 1 Kommentar
Rund 80’000 Zuschauer besuchten auch dieses Jahr das europaweit grösste Festival für elektronische Musik und Multimediakunst. Ein paar Eindrücke und Höhepunkte aus drei Tagen und Nächten Beats, Bass und Breaks.
Roland Olbeter: Es fing futuristisch an. Der deutsche, in Barcelona lebende Künstler, liess von ihm entwickelte Musikroboter von Tim Exile und Jon Hopkins bespielen. Was Spannendes verspach, war in Wahrheit leider langweilig, zumal man nicht ausmachen konnte, was auf der Bühne passierte und wie die Roboter die Klänge erzeugten.
Konono N° 1: Der unbestrittene Höhepunkt des gesamten Festivals. Konono N° 1 ist eine seit den siebziger Jahren bestehende Formation aus dem Kongo. Hauptbestandteil ihres Sounds ist das traditonelle, von Konono N°1 aber elektronifzierte, Instrument Likembé, eine Art Handklavier, das mit den Daumen bedient wird, dazu Perkusion und Gesang. Eine umwerfende, energiegelande Show, bei der mehr gerockt wurde als am Ed Banger-Showcase am nächsten Tag.
Michna with Raw Paw: Das Label Ghostly International feierte am Sonar eine 10-Jahre-Geburtstagsparty. Unter anderen mit Michna, Instrumental-Hiphopper, Produzent von Bonde Do Rolê und Trompeter, der neben einem DJ-Set sein aktuelles, funkiges Liveprojekt feat. Schlagzeug und Bläser vorstellte.
La Roux: Wenn das die neue Pop-Sensation sein soll, steht es schlecht um die Popmusik. Aber da ich durchaus empfänglich für seichten 80er-Jahre-Synthiepop bin, machte es doch ziemlich Spass. Im Direktvergleich deutlich besser als Little Boots, die am Abend spielte und die musikalisch das selbe Feld beackert. La Roux hat Charisma und die perfekte Stimme für diese Art Musik. Little Boots taugt allerhöchstens zur H&M-Berieselung.
Young Fathers: Die schottische Antwort auf The Cool Kids. Humoristisch vorgetragener HipHop im Old School-Stil. File Under: Artist To Watch!
Omar Souleyman: Syirscher Popsuperstar, der schon über 500 (fünfhundert) Alben veröffentlicht hat und laut Programmheft am Sonár zum ersten Mal auf einer europäischen Bühne war. Absoluter Partyhöhepunkt des Tages. Orientalische Musik im Syhntie-Gewand mit stoischer Bassdrum dazu ein live gespieltes Oud und die fantastische Stimme Souleymans, ein grosser Sänger.
Grace Jones: Sie kam, wie es sich für Diven gehört, mit einer Stunde Verspätung. Danach bot sie eine äusserst unterhaltsame Headliner-Show, routiniert aber nicht ohne Spontanität und Humor, den sie zwischen jedem Songs bewies, während sie ihr extravagantes Outfit wechselte (eindrückliche Hüte!) und gleichzeitig in sinnfreiem Spanglish den nächsten Song ankündigte. Eine grosse Show, musikalisch aber blieb Grace Jones, im Vergleich mit ihrem grossartigen Comback-Album, einiges schuldig.
Buraka Som Sistema: Im Gegensatz zu anderen Acts des Festivals wie Animal Collective oder Fever Ray, die auf den grossen Bühnen ziemlich verloren wirkten, ist die Musik von Buraka Som Sistema fürs Stadion gemacht. Kuduro nennt sich die ursprünglich aus Angola stammende Tanzmusik, eine Mischung aus Afrobeats, House und Hiphop. Buraka Som Sistema sind die Mega-Rave-Version davon. Grossartig!
Ebony Bones! Ich hab’s an anderer Stelle schon verkündet und kann mich nur wiederholen: Ebony Bones ist der heisseste Scheiss der Saison. Album „Bone Of My Bones“ erscheint am 13. Juli
Fever Ray: Das neue Projekt von Karin Dreijer Andersson, Sängerin von The Knife. Zu meinem erstaunen mit fünfköpfiger Live-Band, soweit ich das auf der permanent im dunkeln gehaltenen, nur mit ein paar alten Ständerlampen spärlich beleuchteten Bühne ausmachen konnte. Eigentlich ein schönes, stimmungsvolles Konzert, das aber an einem Ort wie das Sónar mit seiner aufgedrehten Technoparty-Stimmung nicht funktionieren kann. Würde ich mir in einem Club, obwohl ich die Platte eher einschläfernd finde, sofort wieder ansehen.
Bilder: Konono N° 1, La Roux, Young Fathers, Omar Souleyman, Crowd, Kunst.