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Elfin Saddle: Ein buddhistischer Tempel in der kanadischen Wildnis

Von    |   14. Mai 2009   |   0 Kommentare

Der Hybrid-Folk von Elfin Saddle treibt seltsame Blüten. „Ringing For The Begin Again“ ist ein knorriges, eigenwilliges und faszinierendes Gewächs.

Lange Zeit lag der Pazifische Ozean zwischen ihnen. Bis sie Ende der 90er den Süden Japans verliess und nach Vancouver übersiedelte. Seit drei Jahren teilen sich Emi Honda und Jordan McKenzie in Montreal ihr Leben und ihre Kunst. Gemeinsam machen sie eine Art Weltmusik, die sich weder dies- noch jenseits des Pazifiks verorten lässt. Eine geheime Musik, die seit Jahrtausenden an einem unberührten Fleck Natur unter Moos und Pilzen begraben lag. Elfin Saddle haben sie ausgegraben.

„Ringing For The Begin Again“ (VÖ 15.5) ist das zweite Album von Honda und McKenzie, die mittlerweile von vom Bassisten und Tubaspieler Nathan Gage unterstützt werden. Veröffentlicht wird die Platte vom Montrealer Label Constellation Records, wo Elfin Saddle bestens hinpassen, nicht nur, weil sie eine Vorliebe für lange Songs haben. Wie alle Bands, die im legendären Hotel2Tango-Studio aufnehmen, bieten auch sie einen Gegenentwurf zum Gängigen. Sie verlassen die ausgetretenen Pfade der Popmusik und brechen auf in die Wildnis. Für ihre Musik benötigen Elfin Saddle keinen Strom. Ihre Energie ist organischer Natur.

Die ersten unheilschwangeren Minuten von „Ringing For The Begin Again“ klingen, als würden Elfin Saddle Waldgeister beschwören. Erst in der zweiten Hälfte von „The Bringer“ entfaltet sich die orchestrale Fülle dieser eigenwilligen Musik, die sich aus Akkordeon, Xylophon, Gitarre, Ukulele, Banjo, Tuba, Kontrabass, singender Säge, Trommeln und Glocken zusammensetzt. Das erinnert hier an A Hawk And A Hacksaw, dort an Moondog, an anderen Stellen wiederum an die Constellation-Mutterband Silver Mt. Zion oder an prä-Merriweather Animal Collective. Und doch klingen Elfin Saddle anders als alles bisher Dagewesene.

Honda und McKenzie teilen sich die Vocals, sie singt Japanisch, er Englisch. So verwandelt sich die kanadische Wildnis immer wieder in das japanische Hinterland, wo man in nebelverhangenen Wäldern auf alte Tempel stösst, aus denen längst vergessenen Rhythmen und Harmonien dringen. Im Zentrum des vielschichtigen Songzyklus steht das neunminütige Epos „The Living Light“, einer der vielen Höhepunkte dieses aussergewöhnlichen Albums, das Stück für Stück zu einem verwinkelten, knorrigen Gebilde auswächst.

Mit „Ringing For The Begin Again“ haben Elfin Saddle eine Wurzel ausgegraben, die zurück zum Ursprung führt. Eine organische Verbindung, die wir längst gekappt und durch technologische Schnittstellen ersetzt haben.

Elfin Saddle – The Bringer
[audio:http://www.gramotunes.com/Elfin_Saddle_The_Bringer.mp3]

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