Archive ausser Kontrolle
Von Andreas Oppliger | 26. März 2009 | 10 Kommentare
Kaum haben sie ihren dreiteiligen Opus „Controlling Crowds“ veröffentlicht, machen sich Archive wieder an die Arbeit – an der übernächsten Platte.
Ja, richtig gelesen. „Wir haben ein weiteres Album mit elf Songs bereits fertig abgemischt im Kasten“, sagt Archive-Sänger Pollard Berrier bei unserem Treffen in Zürich. „Es ist weniger düster als ‚Controlling Crowds‘ und dreht sich stärker um positive Sachen.“ Der grandiose Song „Pills“, den die Band vor kurzem auf ihrer Webseite veröffentlichte, bildet den Opener. „Ich denke, wir veröffentlichen das Album in einem Jahr“, meint Pollard. Das noch namenlose Kind bildet den vierten Teil der „Controlling Crowds“-Saga.
Das Universum dehnt sich aus
Die ersten drei Teile erscheinen morgen Freitag in Form von 13 Songs als fast 80-minütiges Konzeptalbum. Ein nahrhaftes, düsteres Werk, das Archive da servieren – und zugleich das beste ihrer 15-jährigen Bandgeschichte. Gleich beim ersten Track, dem zehnminütigen Titelsong, wird klar: Hier werden vom Hörer viel Zeit und viel Aufmerksamkeit gefordert. Dafür winkt ein verwinkeltes, von Klaustrophobie dominiertes Universum, das mit jedem Besuch grösser wird und tiefer in das dunkle Wesen des Menschens führt.
„Wir haben unsere eigene Fantasiewelt kreiert, mit der wir vergangene, aktuelle und zukünftige Ereignisse auf unsere Art reflektieren“, erklärt Pollard im besten British accent. „Das ist im Prinzip wie malen, da werden die Emotionen des Malers in Bildern transportiert.“ Der Ausdruck „Schwarz malen“ passt also zu Archive. „Nein, nicht unbedingt. Wenn ich bedenke, was alles auf dieser Welt passiert, dann ist es einfach nicht realistisch, die ganze Zeit positiv eingestellt und glücklich zu sein.“
Musikalisch ist „Controlling Crowds“ ein Schritt nach vorne und gleichzeitig ein grosser zurück in die Anfangstage der Band. „Eigentlich vermisste ich die Hip-Hop-Elemente immer etwas in unserer Musik“, sagt Archive-Gitarrist Danny Griffiths. Zuerst habe er an ein Seitenprojekt gedacht. „Dann stellten wir fest, dass es das dafür gar nicht braucht.“ Seither ist das ehemalige Gründungsmitglied Rosko John wieder festes Mitglied der Band. „Wir merkten schnell, dass die Chemie zwischen uns und Rosko stimmt“, erzählt Danny. Songs wie das grossartige „Razed To The Ground“ geben ihm recht.
Ohne Vertrag
Überhaupt scheinen Archive zurzeit alles richtig zu machen: Ihre bisher beste Platte in den Startlöchern, eine weitere im Kasten – und die Freiheit vor Augen. Denn mit „Controlling Crowds“ erfüllen sie den Vertrag über fünf Alben mit Warner Music. „Was wir jetzt machen, wissen wir noch nicht“, sagt Pollard. Nur eins scheint klar: Bei einem Major-Label wird nicht mehr unterschrieben. „Wir lieben unsere Musik. Aber für solche Gefühle gibt es in der Plattenindustrie keinen Platz mehr.“ Etwas wie Radiohead mit „In Rainbows“ gemacht haben, fände er toll. „Aber das könnten wir nicht. Wir haben nicht diese Popularität.“ Pollard ist überzeugt, dass die Zeit der Plattenverträge, wie man sie bisher kannte, vorbei ist. „Keine junge Band wird sich im Internet-Zeitalter noch mit solchen Verträgen versklaven lassen.“
Seiner Kreativität scheint die neu gewonnene Freiheit jedenfalls überaus gut zu bekommen: „Bereits im April werde ich neue Songs schreiben. Ich habe da schon einige Ideen.“ Wenn es so weiter geht, sehr gerne.
„Controlling Crowds“ erscheint am 27. März als normale Version und als Limited Editon mit vier Bonustracks. Für September/Oktober ist eine Europatour, auf der Archive auch in der Schweiz vorbeischauen werden, geplant.
Archive – „Pills“ (aus dem noch unveröffentlichten 4. Teil)
[audio:http://www.archiveofficial.com/PillsFullTrack.mp3]
[youtube V6nbFZtxAL4]