Swan Lake vs. Handsome Furs – Spencer Krug vs. Dan Boeckner
Von Ralph Hofbauer | 5. März 2009 | 0 Kommentare
Spencer Krug und Dan Boeckner duellieren sich bei Wolf Parade im Wettstreit um den perfekten Song. Nun veröffentlichen die beiden Kanadier neues Material mit ihren Nebenprojekten.
Die Konstellation erinnert an die Beatles. Im Montrealer Quartett Wolf Parade ist mehr Songwriting-Talent vereint als eine Band eigentlich nötig hätte. Spencer Krug (links) und Dan Boeckner (rechts) teilen sich Songwriting und Gesang wie damals Lennon und McCartney. Vermutlich wären sich die beiden Egos schon längst in die Queere gekommen, wären da nicht die Nebenprojekte, in denen sich die beiden austoben – Spencer Krug mit Swan Lake und Sunset Rubdown, Dan Boeckner an der Seite seiner Lebensgefährtin mit Handsome Furs.
Seit ihrer Tour mit Wolf Parade haben sich Boeckner und Krug wieder ihren Nebenprojekten zugewandt. Handsome Furs veröffentlichen am 6. März „Face Control“ (Sub Pop), Swan Lake am 24. März „Enemy Mine“ (Jagjaguwar). Wie schon die beiden Debüts klingen auch die Nachfolgealben sehr unterschiedlich. Dan Boeckner macht mit Alexei Perry bissigen Rock’n’Roll mit Drum-Machines, das Trio von Spencer Krug spielt verästelten Progressive Rock mit melodramatischen Gesten.
Die Inspiration für das Handsome Furs-Debüt „Plague Park“ bot eine Skandinavientour, für das zweite Album liess sich das Duo vom Osten inspirieren: „Face Control“ ist eine Praktik, die Handsome Furs auf ihrer Tour durch Russlands Clubs kennengelernt haben. Ein Portrait von Vladimir Putin ziert die Rückseite des Albums und die Songs tragen Titel wie „Radio Kaliningrad“ und „Nyet Spasiba“.
Wie schon der MP3-Vorbote „I’m Confused“ angedeutet hatte, klingen Handsome Furs cleaner und direkter als auf ihrem Debüt. Leider auch ein wenig flacher. Etwas gar uninspiriert nudelt sich die Gitarre von Dan Boeckner manchmal durch die Songs. Der straighte Elektropunk-Appeal von „Face Control“ erinnert mitunter an The Kills. Wem „Midnight Boom“ gefallen hat, der sollte in „Face Control“ reinhören.
Wer statt Tanzbarkeit Tiefe sucht, kommt bei einem Tauchgang im Swan Lake eher auf seine Kosten. Das zweite Album der Supergroup bestehend aus Spencer Krug Daniel Bejar (Destroyer/New Pornographers) und Carey Mercer (Frog Eyes/Blackout Beach) ist noch epischer als das Debüt ausgefallen. Die Drei teilen sich die neun Songs redlich, jeder hat je drei Stücke geschrieben, bei denen er auch den Gesang übernimmt.
Nach einem roten Faden sucht man also vergeblich, das Album zerfällt in Krug-, Bejar- und Mercer-Songs. Es ist ein windschiefer Zirkus den das Trio intoniert, nicht ganz so leierkastenmässig wie Spencer Krugs Drittband Sunset Rubdown zwar, aber doch deutlich schräger als Wolf Parade. Swan Lake nehmen auf „Enemy Mine“ nie den direktesten Weg. Sie schwanken zwischen verzweifeltem Bombast und elegischen Balladen. Das klingt immer wieder überzeugend, ist manchmal aber etwas gar viel auf einmal.
Wer von beiden das Rennen macht, ist Geschmackssache. Für Fans von Wolf Parade haben beide Alben ihren Reiz, schliesslich sind es genau die Gegensätze zwischen dem Prog-Rocker Spencer Krug und dem Rock’n’Roller Dan Boeckner, die Wolf Parade ausmachen.
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