Fever Ray: Eine neue Eiszeit
Von Ralph Hofbauer | 27. Januar 2009 | 4 Kommentare
Karin Dreijer Andersson hat sich mit dem Duo The Knife einen Namen gemacht. Nun veröffentlicht die Schwedin unter dem Pseudonym Fever Ray ein beeindruckendes Solo-Debüt.
Während The Knife an einer Elektro-Oper über Darwins Evolutionstheorie arbeiten, überbrückt Sängerin Karin Dreijer Andersson mit ihrem Solo-Projekt Fever Ray die bald dreijährige Wartezeit auf den Nachfolger zu „Silent Shout“.
Wer sich von den dunklen Kräften ihrer Hauptband angezogen fühlt, wird sich ohne Frage auch mit Genuss an Fever Ray laben, denn Dreijer braut auf ihrem Alleingang ein Elixier von ähnlich magischer Wirkung. Doch während The Knife die 100bpm-Marke öfters überschreiten, ist „Fever Ray“ eine konsequente Downbeat-Platte geworden. Getanzt wird hier höchstens in Zeitlupe.
Dreijer sagte im Vorfeld, sie habe ein organisches Album machen wollen, das sich vom technologisch geprägten Sound von The Knife abhebt. Nun zeigt sich, dass auch bei ihrem Soloprojekt elektronische Klänge dominieren, wobei Fever Ray eine deutlich delikatere Angelegenheit ist als The Knife. Statt den Hörer an der Gurgel zu packen, schlummern die bösen Mächte diesmal friedlich vor sich hin. Dreijers Nebenprojekt verhält sich zu ihrer Hauptband wie Yoga zu Kampfsport. Der wabernde Bass des Openers „If I Had A Heart“ legt den Grundstein für die meditative Stimmung, die Fever Ray verbreitet. Chillig ist nicht nur das Tempo: Ein eisiger Wind durchzieht dieses Album, auf dem die Temperaturen durchgängig unter dem Gefrierpunkt liegen. Mit Fever Ray bricht eine neue Eiszeit an.
„If I Had A Heart“ öffnet den Ambient-Kühlschrank, um dem Gefrierfach „When I Grow Up“ zu entnehmen, das klingt wie Zen-Funk für den Chill-Out-Room einer Eskimo-Disco. Mit den frostigen Vocoder-Stimmmodulationen von „Dry And Dusty“ wird Dreijer einmal mehr zu jenem geschlechtslosen Gollum, den man von The Knife kennt. Nach arktischen Mystizismus klingt auch „Seven“ – obwohl es im Text um ganz alltägliche Dinge wie den Abwasch geht. Man staunt nicht schlecht, als in „Triangle Walks“ plötzlich Pinguine Steeldrums spielen, in „Now’s The Only Time I Know“ Eisbären Calypso tanzen und in „Coconut“ auf Eisschollen Palmen spriessen. Mit dem grossartigen „I’m Not Done“ steckt Dreijer schliesslich, von Buschtrommeln angefeuert, die Antarktis in Brand.
Ähnlich wie Animal Collective mit „Merriweather Post Pavillion“ mischt Fever Ray die Karten der Electronica neu. In der elektronischen Musik deutet sich offenbar ein Klimawandel an. Seine Folgen sind glücklicherweise durchwegs positiv.
> Fever Ray ist als Download bereits erschienen. Am 23. März folgt ein Release auf CD, anschliessend gehen Fever Ray auf Tour.
Fever Ray – If I Had A Heart
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4 Reaktionen
- fortschritt.tv — Afterknife
- » Musik im Januar 2009: Die Zusammenfassung | 78s - Das Magazin für bessere Musik
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12:22 Uhr, 31.1.2009, Link
ganz ganz stark. auch grossartig: „keep the streets empty for me“
12:21 Uhr, 14.3.2009, Link
einfach klasse reinzuziehen….t.