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Der runtergebrochene Beck

Von    |   5. Juli 2008   |   3 Kommentare

Beck hat während seiner Karriere stets zwischen zwei musikalischen Gesichtern changiert. Ein durchgedrehtes, funkiges und ein ruhiges, melancholisches. Mit beiden hat er grosse Erfolge gefeiert und oft auch die Schnittmenge getroffen. Wie ordnet sich die neue Platte  „Modern Guilt“ ein?

„One Foot In The Grave“ und „Sea Change“ zeigten einen nachdenklichen Beck Hansen. Das totale Gegenteil war bei „Midnight Vultures“ oder „Odelay“ der Fall. Der Kalifornier zeigte sich als abgedrehtes Wizz-Kid, wie ein auf CD gepresster Jahrmarkt, kein musikalisches Experiment war zu gewagt, oft an der Grenze zur überbordenden Abgedrehtheit, und trotzdem stimmte alles.

Auf dem neuen Beck-Album „Modern Guilt“ holte sich der Scientologe die Hilfe von Danger Mouse (Gnarls Barkley) und Chan Marshall (Cat Power). Ebenfalls eine Mischung, die es in sich hat. Chan Marshall, die zierliche Sängerin, mit der Wahnsinns-Stimme, der Indie-Liebling schlechthin, und Brian Burton (Danger Mouse), der wohl gewiefteste Produzent unserer Zeit, der auch schon Jay-Z mit den Beatles auf einen Nenner brachte.

Die Handschrift von Danger Mouse ist auf „Modern Guilt“ denn auch allgegenwärtig: Die Grundstimmung ist düster, der Groove aber heiter, die Samples gezielt gestreut und schlagend eingesetzt. Becks funkige Seite wird auf „Modern Guilt“ reduziert (nicht kastriert) und der düstere Grundtenor beibehalten. Stark ist Beck dann, wenn er Mid/Low-Tempo-Tanznummern kredenzt, die für seine Verhältnisse zwar minimalistisch instrumentiert sind, aber durch Beat-Lastigkeit und verdammt geile Bass-Parts auffallen, wie bei „Chemtrails“, „Youthless“ oder „Gamma Ray“. Überraschend sind dann Ausflüge in gedämpfte Queens of the Stone Age-Gefielde wie bei „Soul of Man“ oder in Indietronica-Welten, bei denen man Thome Yorkes Atem im Nacken spürt („Replica“, „Volcano“). Total verführerisch und unwiderstehlich ist Beck aber mit „Walls“, der Song, bei dem Danger Mouse‘ Handschrift am deutlichsten zu hören ist. Und genau deswegen ist „Modern Guilt“ kein typisches Beck-Album geworden, zu stark ist der Einflus von Danger Mouse zu hören. Dennoch hat es „Modern Guilt“ in sich, vielleicht auch, weil es mal jemanden gebraucht hat, der Becks Durcheinander ordnet, runterbricht und mit neuen Ideen anreichert. Das ist auf jeden Fall perfekt gelungen.

Beck – Walls
[audio:http://premium.fileden.com/premium/2008/2/20/1770760/Walls.mp3]
Beck – Profanity Prayers
[audio:http://premium.fileden.com/premium/2008/2/20/1770760/Profanity%20Prayers.mp3]

3 Reaktionen

  1. #1 Chrigel

    11:10 Uhr, 6.7.2008, Link

    Ist das Album in der Schweiz denn offiziell schon draussen? In Deutschland ja, Resteuropa aber erst Montag und USA gar Dienstag. Gibts dafuer eine nachvollziehbare Erklaerung oder hat das was mit L. Ron Hubbards UFOs zu tun? Auf jeden Fall ists ein nettes Album geworden, etwas kurz vielleicht. Wie findest du denn Profanity Prayers? Klingt fuer mich nach Mondo Fumatore und deshalb nach wilden Sommernaechten und von der Bruecke in die Limmat springen und so. Bis bald im August!

  2. #2 jdw

    13:42 Uhr, 6.7.2008, Link

    in deutschland und der schweiz werden neue alben am freitag veröffentlicht, in vielen anderen ländern am montag, in den usa am dienstag… nicht fragen wieso, ist einfach so. releasedaten sind eine wissenschaft für sich.

  3. #3 David Bauer

    14:14 Uhr, 6.7.2008, Link

    In der Schweiz wurden Alben ja vor nicht allzu langer Zeit auch noch am Montag veröffentlicht. Dann hat man gemerkt, dass am Freitag die meisten Platten verkauft werden und dass das vielleicht ein Argument wäre, dann jeweils die neuen Platten in die Läden zu stellen. Mal angenommen, so schlau sind die Musiklabels nicht nur in der Schweiz, dann wäre eine interessante Frage, warum in den USA die Leute Dienstags die meisten Platten kaufen und nicht Freitags wie in der Schweiz.

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