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Songdog’s Musical ohne Theater

Von    |   12. April 2008   |   0 Kommentare

Ein eigentlich unspektakuläres, aber dennoch bemerkenswertes Machwerk ist das vierte Album des walisischen Altherren-Trios Songdog. Ein eigensinniges FolkNoir-Musical in 18 Aufzügen.

songdogWenn Lyndon Morgans (links) mit pathetischer Hingabe seine aus dem rauhen Alltag gegriffenen Kurzgeschichten erzählt, glaubt man einem schlicht arrangierten Musical zu lauschen – nur ohne störendem TanzTheater-Kitsch. Ironischerweise erklärt wohl gerade die frühere Beschäftigung als (preisgekrönter) Theaterautor seinen speziellen Zugang zur Musik.

Obschon die zum Teil derben Texte von flüchtigen Beziehungen, lieblosem Sex und notorischen Verlierern handeln, verhilft ihnen die spärliche, folkige Instrumentierung zu einer verstörenden Leichtigkeit, die dem Erzählten ein Flair moderner Märchen für Erwachsene verleiht.

Klar vermag nicht jedes der komplexen, refrainlosen Stücke auf dem bereits im Januar erschienenen „A wretched sinner’s song“ in gleicher Weise zu überzeugen. Ein Reinhören lohnt sich aber allemal, denn in Zeilen wie „she said there’s beer in the fridge downstairs, but you sound like you got drunk before you came“, „it never works out okay like in the movie“ oder „broken hearted is my default mode“ offenbart sich Morgans Affinität für bittersüsse Alltagspoesie.

Übrigens haben Songdog vor kurzem den ersten „Guerilla-Buchklub“ Englands gegründet, womit sie ihre Leidenschaft für Literatur mit der Bevölkerung Londons teilen wollen. Hierfür legen sie an öffentlichen Plätzen hunderte, mit persönlicher Empfehlung versehene Bücher (u.a. Kerouac, Kafka, Joyce) auf, in der Hoffnung, dass sich die Leser auf nem Forum an Diskussionen darüber beteiligen. Gute Sache!

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