Dr. Pop, warum können die Italiener keine Musik machen?
Von Dr. Pop | 10. März 2008 | 34 Kommentare
Sie sind ebenso leidenschaftliche Fussballer wie Liebhaber, sie haben die beste Küche der Welt, sie schneidern die elegantesten Kleider und sie bauen die schnellsten Autos. Doch warum können Italiener nicht nur keine Politik, sondern auch keine Musik machen?
Zugegeben, es gab Zeiten, da war dies anders. Mit der Politik freilich nicht: Italien war vom Zusammenbruch des römischen Reichs bis ins 19. Jahrhundert ein Spielball fremder Mächte und regierte sich danach via Faschismus ins Chaos. In der Musik hingegen brachten es die Italiener schon früh sehr weit: Bereits in der Renaissance waren italienische Musiker Teil des internationalen Jetsets, im Barock sicherte sich Italien mit der Erfindung der Oper die musikalische Hegemonie und in der Romantik setzte Paganini neue Massstäbe im Geigenspiel. Von Vivaldi bis Verdi – das Erbe der italienischen Musik ist gewaltig. Warum ist es im 20. Jahrhundert vor die Hunde gegangen?
Einer der Gründe dafür ist sicherlich das Festival San Remo, das 1951 zum ersten Mal über die Bühne ging. An diesem Songwettbewerb werden Jahr für Jahr jene Schnulzen aufgeführt, die hauptverantwortlich dafür sind, dass italienische Musik die Ohren beleidigt. Die italienische Version des Schlagers bestimmt den Italo-Pop bis heute: Eros Ramazotti, Laura Pausini und Tiziano Ferro – sie alle sind am Anfang ihrer Karriere in San Remo aufgetreten. In der 57-jährigen Geschichte des Festivals gab es gerade mal ein Talent: Adriano Celentano. Doch auch er hat einige fürchterliche Platten gemacht.
Etwas authentischer als die pathetischen Canzoni der San Remo-Stars kommen die Lieder der Cantautori daher. Lucio Dalla und Konsorten transportierten mit ihren Stücken Geschichten und politische Inhalte, doch irgendwie waren die Franzosen dann doch immer die begnadeteren Dichter und die raffinierten Musiker. Auch bei den Canzoni der Cantautori ist der Schunkelfaktor in der Regel oft unerträglich hoch und allzu oft wird Temperament mit Talent verwechselt.
Doch lassen wir den Italienern ihre Canzoni, auch unsere Mundartmusik ist schliesslich nicht über alle Zweifel erhaben – aber wir tragen diese wenigstens nicht über die Landesgrenze hinaus! Wenden wir uns dem Rock zu: Auch hier haben die Italiener nie überzeugt. Von Beat bis Metal, italienische Bands konnten nie mitreden, wenn es um Gitarrenmusik ging. Italiens Indiebands lassen sich an einem Finger abzählen: Giardini Di Mirò.
Das selbe Bild beim Elektro: Italo-Disco ist heute bestimmt cooler als auch schon, doch italienische Danceproduktionen sind in erster Linie eben doch vor allem ein Soundtrack für Autoscooterbuden. Womit wir endlich beim einzigen Genre angelangt wären, in dem die Italiener musikalisch von Belang sind: Soundtracks! Ennio Morricone, Bruno Nicolai, Piero Umiliani – die Liste der italienischen Komponisten, die die Filmgeschichte geprägt haben, ist ebenso lang, wie die der Regisseure.
Italienisch ist gewiss eine schöne Sprache und ein bisschen Italianitá macht la vita bestimmt più dolce. Doch es bleibt dabei: Gute Musik bringt man aus dem Italienurlaub keine mit nach Hause.
> Leserfragen an Dr. Pop, den Briefkastenonkel von 78s, an dr.pop@78s.ch
34 Reaktionen
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13:25 Uhr, 10.3.2008, Link
ubd was ist mit dem?
http://de.wikipedia.org/wiki/Giorgio_Moroder
13:37 Uhr, 10.3.2008, Link
Südtiroler sind doch keine richtigen Italiener.
13:41 Uhr, 10.3.2008, Link
Blonde Redhead sind zumindest zu 2/3 italienisch auch wenn sie nicht mehr da wohnen.
13:45 Uhr, 10.3.2008, Link
eine weitere frage Dr.Pop: kannst du italienisch sprechen bzw. verstehen?
14:21 Uhr, 10.3.2008, Link
Lieber Dr. Pop, ich muss Ihnen eigentlich zustimmen – nur haben Sie eine tolle Band vergessen: Yuppie Flu. Wenn Sie Giardini Di Miro nennen, darf diese tolle Band nicht fehlen.
14:22 Uhr, 10.3.2008, Link
@tschino:
mi dispiace. non parlo italiano molto bene. e forse perché non capisco la cultura della musica italiana. e tu, sei un italiano vero?
@patrik:
danke für den tipp, werd ich mir anhören.
14:26 Uhr, 10.3.2008, Link
@Dr. Pop: nein, ich bin kein italiener und kann die sprache auch nicht.
15:22 Uhr, 10.3.2008, Link
Lieber Dr. Pop, Sie sollten halt nicht bloss NME, Visions, Spex und pitchforkmedia lesen, sondern auch mal http://www.rockit.it konsultieren.
Hören Sie sich doch mal Verdena, Yuppie Flu, Afterhours und all die neuen Bands da an. Ich würde mich freuen, wenn 78s auch mal über solche Bands zu berichten wüsste.
15:43 Uhr, 10.3.2008, Link
für die lektüre dieser seite fehlen mir wie gesagt die italienischkenntnisse. andererseits braucht man bandnamen ja zum glück nicht zu übersetzen…
15:50 Uhr, 10.3.2008, Link
nehmts nicht ernst. wäre Dr. Pop italiener und würde in italien leben,
würde er ausser DJ Bobo und Michelle Hunziker – und villeicht noch Yello und Vico Torrinani – auch keine musiker aus der schweiz kennen.
dafür aber die tollen uhren, die schönen skigebiete und vielleicht noch das schweizer taschenmesser loben..
15:59 Uhr, 10.3.2008, Link
tipp: carmen consoli
16:08 Uhr, 10.3.2008, Link
Ja, aber warum können Italiener keine Musik machen?
17:04 Uhr, 10.3.2008, Link
Ich liebe Paolo Conte – und er ist ein Gott… und dann würde ich mal sagen. Bud Spencer hat in seinen Filmen doch auch immer ganz schöne Musik gemacht… stsch bumm flatter und so…. dr. Pop, sie sind mir ein Lustiger…
17:14 Uhr, 10.3.2008, Link
Verdena sind definitiv ein Reinhören wert, haben mich als Support der Young Gods weggeblasen.
Auch entdeckenswert: Redworm’s Farm (siehe http://www.bandsmagazine.ch/p219.html)
17:53 Uhr, 10.3.2008, Link
@Stubi & Dr.Pop: warum können die schweizer keine musik machen?
18:24 Uhr, 10.3.2008, Link
tschino, nicht unter jedem text die gleiche diskussion…
20:26 Uhr, 10.3.2008, Link
@David: hast ja recht.. ;o) eigentlich gar nicht diskussionswürdig, da eine total bescheuerte frage…
21:12 Uhr, 10.3.2008, Link
… Disco Drive
08:38 Uhr, 11.3.2008, Link
hot gossip…
18:24 Uhr, 11.3.2008, Link
doch doch, die können das schon: http://www.myspace.com/seddymellory
am 21. märz, live bei fiebertanz auf dem schiff!
17:18 Uhr, 13.3.2008, Link
myspace.com/legginsita
junge, spassige, herzige, tanzbeinschwingende band.
23:56 Uhr, 14.3.2008, Link
http://www.myspace.com/italiansdoitbetterrecords
09:37 Uhr, 20.3.2008, Link
also, also herr pop.
dieser blog kann nicht ernst gemeint sein? als schweizer kann man sich vielleicht mit der musikszene von albanien vergleichen. aber nicht mit der aus italien. die italiener bringen wie schon oben erwähnt mit VERDENA, DISCO DRIVE & HOT GOSSIP bands zum vorschein…die wir in unserem ländle noch lange suchen können.
und vergessen wir nicht die famosen 80er, als jede 2te hairspray hardrock band aus exil-italienern bestand. john bongiovi, nuno bettencourt, richie sambora usw.
von exil-schweizern kann man sowas auch nicht behaupten ;o)
19:10 Uhr, 20.3.2008, Link
Erwähnt sei noch das Berserker-Jazz-Trio „Zu“. Die haben einen Song mit dem Titel „Tom Araya Is Our Elvis“. Das sagt wohl alles. Danke.
19:42 Uhr, 20.3.2008, Link
Dr.pop kennen Sie Baglioni, venditti,zarrillo,Battisti,zero,cocciante,leali und noch viele gute Cantautori
20:17 Uhr, 20.3.2008, Link
@andreo gelatini: du sprichst mir aus dem herzen.
PS: Jovanotti, Lucio Battisti, Schlager der 50er Jahre…
15:28 Uhr, 24.3.2008, Link
Ebenfalls erwähnenswert: Disco Drive, treibender Indierock mit zwei Schlagzeugern.
21:20 Uhr, 10.7.2010, Link
Ich find die Bloody Beetroots aber toll!
22:38 Uhr, 10.7.2010, Link
ich wiederhole gerne gutes, sehr gutes: Carmen Consoli ist pure Magie
01:03 Uhr, 11.7.2010, Link
Jovanotti wäre als lobende Ausnahme unbedingt zu erwähnen gewesen: http://www.youtube.com/watch?v=0a4lbYRhpQs
18:02 Uhr, 11.7.2010, Link
zwei geniale bands aus italien:
> zu: http://www.myspace.com/zuband
> vanessa van basten: http://www.myspace.com/vanessavanbasten
00:49 Uhr, 12.7.2010, Link
also ‚ultraviolet makes me sick‘ find ich auch ziemlich lässig!! tip: like a weed
http://www.myspace.com/ultravioletmakesmesick
09:34 Uhr, 12.7.2010, Link
„Das selbe Bild beim Elektro“ ZONK! The Bloody Beetroots? Crookers? Gigi Barocco? Cyberpunkers?