Dr. Pop, warum spielt der DJ nie das, was ich mir wünsche?
Von Dr. Pop | 28. Januar 2008 | 11 Kommentare
Die einfachste Antwort auf diese Frage lautet: God is a DJ. Gott erfüllt einem schliesslich auch nicht jeden Wunsch, nur weil man ein bisschen Bittibätti macht. Wie der Allmächtige lässt sich auch der DJ nicht ins Handwerk pfuschen, denn er ist ein Kontrollfreak. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Musikgeschmack unfehlbar und seine Auswahl indiskutabel ist. Mit andern Worten: Der DJ ist in der Regel ein arrogantes Arschloch.
Doch wäre es nicht gerade die Hauptaufgabe des DJs ein Crowdpleaser zu sein? Als solcher müsste er seinem Publikum ja jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Warum erfüllt er trotzdem keinen einzigen? Weil ihn die Wünsche des Publikums oftmals kränken. DJs sind nicht selten sehr sensible Menschen, die sich und ihre Gefühle hinter dem DJ-Pult verstecken. Wer diese Barrikade mit einem rüpelhaften „Spiel mal was zu dem man tanzen kann!“ durchbricht, muss damit rechnen, ignoriert zu werden. Mit anderen Worten: Die Wünschenden sind in der Regel selbst arrogante Arschlöcher.
Weiterere Gründe für die Ignoranz der DJs sind technischer Natur. Ein DJ kann nur das spielen, was er dabei hat, zumindest war das mal so, als eine Plattensammlung noch nicht in jede Hosentasche passte. Und: In einem Club ist es laut. Brian Adams hört sich da schnell mal an wie Ryan Adams. Doch die Missverständnise zwischen DJ und Publikum sind nicht nur rein akustischer Natur. Wer sich White Stripes wünscht, meint eigentlich „Seven Nation Army“. Spielt der DJ ein anderes Stück von Jack & Meg, kommt nicht selten noch während dem Song die Frage: Wann spielst du jetzt White Stripes?
Der Interessenskonflikt ist evident: Deine Lieblingslieder sind eben nicht seine. Darum hört der DJ nicht einmal recht hin, wenn du dir etwas wünschst. Sein Mix ist ihm wichtiger. Nervös blickt er immer wieder zum Plattenspieler: Wie viele Rillen noch? Am besten spricht man den DJ also gar nicht an, man stört ihn ohnehin nur bei der Arbeit.
>>> Lektüretipp zum Thema: Mies aufgelegt (jetzt.de)
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10:12 Uhr, 28.1.2008, Link
Man hätte es auch in weitaus weniger Worten ausrücken können:
Der DJ ist keine Jukebox.
10:46 Uhr, 28.1.2008, Link
toller link!
14:20 Uhr, 28.1.2008, Link
bei all der gemeinplatzreiterei darf man aber nicht vergessen, dass es auch „andere fälle“ geben kann. partygänger und -gängerinnen haben machmal auch zur richtigen zeit ein „gspüri“ für den richigen sound. das darf man dann schon auch kund tun…
bspw. freute sich idc aus london sehr, dass einige unserer leserinnen ihn drängten seine eigenen tracks aufzulegen, die sie einige tage zuvor von 78s.ch heruntergeladen haben.
auch ich bin manchmal dankbar um hinweise, aber immer distanz wahren,
respekt vorspielen, nicht alle 5min mit einem neuen wunsch auftauchen und bitte nur wünsche vorbringen, die zum „thema“ der party passen. es gibt einen mittelweg, auch arrogante arschlöcher können gesittet miteinander kommunizieren und von ihren fürzen gegenseitig profitieren…
14:42 Uhr, 28.1.2008, Link
he he, vor ca. einem jahr, traf ich einen freund in kloten und wir wollten kurz irgendwo was trinken gehen und so landeten wir im „club“ stage, weil so von draussen die mucke noch ganz ok tönte – wir beide waren aber bisher nie da gewesen. na ja, wir fielen sofort ziemlich auf, da wir die einzigen waren, welche nicht ausschliesslich schwarz gekleidet waren und unsere haare waren auch viel zu kurz, im vergleich zu den anderen gästen. :D
anyway, kaum war unser bier da, stand schon der dj, mittlerweilen oben ohne, bei uns am tisch, stellte sich vor, hände wurden geschüttelt, man wurde beäugt und dann wurden wir gefragt, ob wir musikalische wünsche hätten.. da sass ich nun – metal war/ist nicht unbedingt „meine musikwelt“ – und ich versuchte ihm klarzumachen, dass ich eher auf alternative rock/indie stehe. aufgrund der tatsache, dass es dort drin doch ziemlich laut war, missverstand er mich „es bizzeli“ – er hörte nur alt-rock, eilte zurück zum dj pult und nach einer ansage und zusätzlicher extra-begrüssung für die neuen gäste, legte er „smoke on the water“ von deep purple auf… :D :D :D (da ich den song eh klasse finde, wars nicht so schlimm… dafür lustig)
16:31 Uhr, 28.1.2008, Link
Eigentlich ist es ganz einfach:
Der DJ ist für das Wohl der Disco-Besuchenden verantwortlich, bzw. er macht sich hierfür verantwortlich. Gemäss den Gesichtsausdrücken der Party-Gästen, versucht er zu erahnen, welches das nächste gewünschte Lied ist. Folglich entsteht eine Zwickmühle:
Interpretationen von Gesichtsausdrücken ist meist sehr schwer. Ähnlich der Theorie von Schultz von Thun, können Aussagen (hierbei über Gesichtszüge) 4 Seiten haben. In der Regel kann der normal-sterbliche DJ sich nur für eine der Seiten entscheiden, da nicht-akustische Nachrichten keinen Interpretationsraum lassen. Daher besteht die Chance 1:4. Hinzu kommt noch, dass sich mehrere Leute in der Disco befinden, sich somait auch das Verhältnis ändert. In der Regel lautet es dann 1:36’579,231 (reine Annahme).
Generell ist aber auch diese Hypothese überholt. Denn eines steht fest:
Der DJ ist da, damit Musik gespielt wird. Und auch wenn nie das von einer Person gewünschte Lied gespielt wird, so bringt der DJ stets mindestens 1 Lied, das einem gefällt.
Euer Interpretations-Fanatiker
Dave
00:03 Uhr, 29.1.2008, Link
Anzufügen wäre noch:
1) Der Veranstalter eines Partylabels bzw. eines Clubs bucht die DJs und ist dafür verantwortlich, dass die Leute erfahren, was an dem Abend und im Club läuft.
2) Der Gast kann sich im Vorfeld informieren, was wo läuft und so seinen Ausgang dem eigenen Geschmack nach aussuchen.
3) Wenn der Veranstalter schlecht kommuniziert, oder der Besucher sich schlecht informiert hat, kann der DJ auch nix für.
Mit anderen Worten: Es gibt keine schlechten DJs. Nur falsch plazierte. ;-)
20:08 Uhr, 29.1.2008, Link
Leider schon genug Erfahrung mit Wunschzetteln gemacht. Top 5:
1. DJ Bobo (es lief gerade Justice)
2. Bloc Party (es lief gerade Bloc Party, nur eben das „falsche“ Lied)
3. Immer wieder Iron Maiden
4. Hip Hop, wenn gerade die Gitarrensong-Phase anfing
5. Egal was, aber nur schon der Satz „meine Freundin hat Geburtstag, kannst du blabla“ törnt extrem ab.
21:45 Uhr, 29.1.2008, Link
Eh ja :-)
Unser Gitarrist Pady, der m.M.n. wirklich gut auflegt, legte eben mal an einer party auf, Erasure, also Party-Songs par excellence, und dann kam eine in den 80er geborene und meinte „haste nicht was fröhliches“. Wir 30-something haben’s schwer ;-)
PS: wie’s so bei uns läuft, erfährt man hier http://www.myspace.com/magnetfisch
und man kann sogar voten für ein Konzert in Lausanne:
http://www.lozanneradioactive.ch/?page=group&grid=1200401880
11:52 Uhr, 29.4.2008, Link
Ein DJ ist oftmals richtig in seiner Eitelkeit gekränkt, wenn ihm gesagt wird, dass er mal andere Musik spielen soll. Andererseits will man, wenn man sich ein Lied wünscht ja nur einen Gedankenanreger für den DJ geben. Es gibt ja Millionen gute Songs – er kann ja nicht immer direkt an €žgenau diesen€œ denken… Aber da es viele mit der Wünscherei übertreiben, sind DJs meist genervt…