Pack die Badehose ein – Mr. Hudson ist da
Von Ralph Hofbauer | 14. Mai 2007 | 0 Kommentare
Über Mr. Hudson & The Library zu schreiben, ohne das Wort Sommer zu tippen, ist ganz schön schwierig. Auch Mona Vetsch hat es nicht geschafft. „Das Gefühl, das man sich für den Sommer wünscht – diese Platte nimmt es vorweg“, schreibt sie im aktuellen Magazin unter dem Titel „So klingt Sommer“. Und sie hat Recht, denn Mr. Hudson werden in dieser Badesaison an Flussufern, auf Dachterrassen und in Parkanlagen mit allergrösster Sicherheit ebenso omnipräsent sein, wie die leichten Schlüpferchen, die gegenwärtig alle Frauen an den Füssen tragen. Ob Mr. Hudson & The Library die Ballerinas überdauern werden?
Geht man davon aus, dass gute Musik im Gegensatz zu Mode unbegrenzt haltbar ist, ja. Dank seinem Bildungshintergrund weiss Ben Hudson, was einen Klassiker ausmacht: Er hat in Oxford Literatur studiert – und so nonchalant wie seine Songs daherkommen, kann Ben Hudson vielleicht ein für allemal mit dem Vorurteil vom schuppigen Bücherwurm aufräumen. Mit grosser Lässigkeit schüttelt er auf seinem ersten Longplayer „A Tale Of Two Cities“ (Universal) 12 Songs aus dem Ärmel, die – um einmal mehr in die Sommerhitmetaphernkiste zu greifen – so erfrischend wie ein feines Glacé sind, weil sie dem abgelutschten Britrock den Rücken kehren.
Zwar setzen sich die vielfältigen Geschmacksnuancen dieser Eiscrème durchaus auch aus Zutaten englischer Süsswarenhersteller wie Morrissey, The Clash oder meinetwegen der Kaiser Chiefs zusammen, doch ebenso findet man darin tropische Früchte aus Jamaika. Mr. Hudson & The Library kennen keine Berührungsängste, auch mit R&B hat der Hutträger Hudson etwas am Hut. Doch Soul heisst für ihn nicht obszönes Gestöhne im blutdiamantenumfassten Champagnerbad, sondern smarte Musik für Körper und Geist.
Es gibt kein Entkommen: Schlechtfinden wird man Mr. Hudson höchstens als Krachfetischist, Scheuklappendenker, Popmusikhasser oder vielleicht als Bademeister am Ende der Saison. „A Tale Of Two Cities“ kann man hier gratis downloaden und zwei Wochen probehören, bis der Selbstzerstörungsmechanismus der MP3s aktiv wird.
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