78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Wiegenlieder aus dem hohen Norden

Von    |   15. Februar 2007   |   0 Kommentare

Der Joik ist ein eintönig-gutturaler Obertongesang, mit dem die Ureinwohner Lapplands Tiere und Naturphänomene besingen. Wie so viele indigene Völker wurden auch die Samen lange Zeit unterdrückt und mit Alkohl ruhiggestellt. Heute gibt es noch rund 60’000 Samen, die in den nördlichsten Teilen von Norwegen, Schweden und Finnland leben und ihre Traditionen trotz Mobiltelefonen und Schneemobilen weitgehend aufrecht erhalten haben. So auch den Joik.

adjagas3.jpg

Sara Mariella Gaup und Lawra Somby wuchsen beide in Samifamilien auf, der Joik wurde ihnen in die Wiege gelegt. Zusammen haben sie die Band Adjagas gegründet, mit der sie die lappländische Volksmusik auch Leuten näher bringen wollen, die bis anhin nichts über diese wussten. Überbracht wird uns das Debutalbum von Adjagas nämlich nicht von einem obskuren World Music-Label, sondern von Ever Records (Vertrieb: Namskeio), denen wir auch die wunderbaren Cyann & Ben zu verdanken haben. Produziert wurde die Platte von Andreas Mjos, der bereits mit Jaga Jazzist und Susanna & The Magical Orchestra gearbeitet hat. Man kann Adjagas also durchaus auch hören, wenn man eher träumerische Indieplatten als Traumfänger zu Hause hat.

Obwohl Adjagas eigentlich genau dies sind, Traumfänger. Der Begriff Adjagas beschreibt in Sprache der Samen den Dämmerzustand zwischen Schlafen und Wachen – schliesslich behaupten die Samen, dass ein Joik, der bewusst geschrieben wird, keine Seele hat. Der Sänger ist lediglich das Medium für das Murmeln der Natur. Verträumt, still und schwebend deshalb auch die Musik von Adjagas. Die Sprache und der Gesang hören sich zunächst sehr fremd an und doch hat ihr Klang etwas so vertrautes, dass man glaubt darin Wiegenlieder von universaler Gültigkeit zu erkennen. Wer gerne Musik hat, die nichts sein will ausser sich selbst, der dürfte sich zu Hause fühlen in dieser von eisiger Kälte umgebenen Hütte, in der das wohligwarme Feuer des Joik lodert.

Nächster Artikel

»

78s wird seit Juni 2015 nicht mehr redaktionell betreut. Die Kommentarfunktion ist deswegen deaktiviert.