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Mit gutem Gewissen Geld machen

Von    |   8. November 2006   |   1 Kommentar

Gutes Gewissen und Schmieröl der Musikindustrie: John PeelEnde Oktober hat sich der Tod des legendären BBC Radio-DJs John Peel (MySpace, Wikipedia) zum zweiten Mal gejährt. Noch immer gilt er vielen als gutes Gewissen des Musikgeschäfts und Schutzheiliger aller unterbewerteten Künstler. Dazu – und das darf man durchaus auch mit einem kritischen Auge sehen – dient er seitdem ungezählten Bands als Verkaufsargument. Denjenigen Bands nämlich, die ihre Peel Sessions veröffentlichen, jüngste Beispiele sind die Isländer Mùm und die Briten Pulp.

Geboren wurden die Peel Sessions ursprünglich aus der Not. Ein Gewerkschaftsvertrag schränkte die Anzahl Songs ein, die Peel ab Platten (jawoll, damals gab es noch keine „Silberlinge“) durch den Äther senden durfte. Also holte sich der findige Moderator die Bands live ins Studio – die Peel Sessions waren geboren, am 21. September 1967 ging die erste mit Tomorrow über die Bühne. Die Namen der Bands aufzuzählen, die seitdem bei Peel gespielt haben, wäre müssig. Es sind unglaublich viele und unglaublich viele gute (nach Peels Tod 2004 wurden die besten 125 Sessions zusammengestellt).

Man mag sich glücklich schätzen, wenn nun diverse Bands ihre Auftritte bei Peel für die Ewigkeit auf Cd festhalten und öffentlich zugänglich machen. Andererseits handelt es sich bei den meisten Aufnahmen um einfache Live-Mitschnitte, die nicht besser klingen, bloss weil sie in Peels Studio aufgenommen wurden. Es ist die Legende des Radiomoderators, welche die jeweiligen Platten heller strahlen lässt. In der Ehrerbietung der Bands an einen grossen Fürsprecher schwingt also auch eine gute Portion betriebswirtschaftliches Kalkül mit.

Alleine Amazon listet 59 Platten auf, die im Namen Peels verkauft werden. Weitere werden folgen. Eins kann man den Bands immerhin zu gute halten: John Peel hätte es wohl so gewollt.

> Dieser Tage erscheinen die Memoiren Peels in Deutscher Übersetzung. Kauft Sie euch, auf englisch!

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